Die Starterkabel Gottes werfen Fragen auf

Mit charismatischen Bewegungen habe ich als Post-Charismatikerin keine Berührungsängste und freue mich deshalb, dass sich in meinem Bekanntenkreis neu AnhängerInnen der «letzten Reformation», einer von dem dänischen Bäcker Torben Søndergaard gegründeten Gruppierung, finden. Die Mitglieder dieser Gruppe praktizieren «Heilung», Evangelisation, Taufe, «Dämonen-Austreibung» und Aussendung zum Tun des Gleichen – alles dicht hintereinander, zum Beispiel an einem «Kickstart-Seminar» an einem einzigen Wochendene. Diese «Starterkabel Gottes» haben also eine Art geistliches Schneeballsystem entwickelt und sind damit auch in der Schweiz unterwegs. Von Søndergaard und «The Last Reformation» (nach ihm kommt nur noch die Wiederkunft Christi, glaubt er, deshalb der bescheidene Name) gibt es zahlreiche Youtube-Videos – offensichtlich werden nicht nur Salafisten per Internet gebildet. Dass mich seine dort gezeigten Heilungswunder zu nicht unerheblichen Teilen an das Repertoire von Zauberkünstlern und Bühnen-Hypnositeuren erinnern, macht ihn mir nicht gerade sympathisch, dass er massiv antikatholisch ist, gibt meinem ablehnenden Urteil den Rest.

Aber was mich nicht loslässt ist die Begegnung mit einer jungen Frau, die eine Gemeinde mit vielen FreundInnen der «letzten Reformation» besucht  – und die aus einer katholisch praktizierenden Familie kommt. Sie hat mir von ihrer Firmung erzählt, die sie als nichtssagend empfand, und davon, dass ihr in der katholischen Kirche alles «so tot» vorkam. Das würden manche der FirmandInnen, mit denen ich jetzt arbeite, vermutlich genau so ebenfalls sagen. Aber heute reserviert sie jeden Sonntag morgen bis zum frühen Nachmittag für ihre Gemeinde, arbeitet ehrenamtlich in einer christlichen Einrichtung und träumt von einem Leben in Vollzeit für den Glauben.

Das wirft für mich eine ganze Menge Fragen auf: Wieso hat diese Frau in der katholischen Kirche, in der sie aufgewachsen ist, so gar nichts von der Lebendigkeit gefunden, die sie jetzt bei der freikirchlichen Gemeinde hält? Vielleicht war sie zu jung – aber warum hat es offensichtlich niemand geschafft, ihr die Idee zu vermitteln, auf der Suche nach lebendigem Glauben könnte es sich bei Bedarf lohnen, bei uns KatholikInnen vorbeizuschauen? Vielleicht ist eine Freikirche tatsächlich die für sie passendere geistliche Heimat als die katholische – aber hätte es uns dann nicht wenigstens gelingen müssen, sie gegen übertriebene Wunderbetonung, die ich weder für persönliches noch für geistliches Wachstum förderlich finde, zu immunisieren? Und sollten wir selbst vielleicht offensiver den Kontakt zu «Kirchenfremden» suchen? Hausbesuche bei Menschen, die nie in der Gemeinde auftauchen? Lässt sich so etwas machen, ohne übergriffig zu sein?

Es bleibt spannend. Wenn Sie Antworten haben, teilen Sie sie gerne als Kommentar!

Karin Reinmüller

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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