Streik an britischen Universitäten

Donnerstag, 9 Uhr bedeutet für mich normalerweise: Atemlos die Treppe im Senate House hoch rennen, weil ich es nie schaffe, pünktlich zur Vorlesung zu erscheinen.

Doch heute morgen betrat niemand die Universitätsgebäude. Die Dozierenden haben vor allen Eingängen eine Picket Line geformt. Es wird gestreikt.

Das Rentensystem in Krise

An 61 Universitäten Grossbritanniens stellen die ProfessorInnen ihre Arbeit für insgesamt 14 Tage ein. In der Gewerkschaft University and College Union (UCU) wurde dem Streik fast einstimmig zugestimmt. Die Dozierenden protestieren gegen die geplante Rentenreform des Arbeitgeberverbands Universities UK (UUK), nach welcher die Rentenbeiträge an der Börse gehandelt werden sollen. Die UCU rechnet mit Verlusten von ca. 10’000£ pro Person pro Jahr.

Das aktuelle Rentensystem steckt laut UUK in einer Krise und trägt ein Defizit von 7,5 Milliarden £. Daher können die meisten Universitäten nicht mehr für Renten ausgeben, ohne in anderen Bereichen einzusparen. Durch die Reform soll dieses Problem behoben werden.

Die UCU betont hingegen, dass die Universitäten danke der zunehmenden Privatisierung boomt. Da durch die Rentenreform viele Dozierende ins Ausland abwandern könnten (und der Brexit diesen Trend wahrscheinlich verstärken würde), will die UCU die Universitäten durch den Streik hart treffen.

Vorlesungen, Seminare und Tutorate fallen aus, auch per E-Mail werden die Dozierenden nicht erreichbar sein. Klausuren und Abgaben werden verschoben, die Abschlüsse werden wahrscheinlich auch verzögert sein. Wir Studierende sind deswegen sauer, selbst wenn wir den Protest der Dozierenden unterstützen.

Die Studierenden trifft es kurzfristig am stärksten

Als Schweizerin mit Eltern, die beide keine EU-Staatsbrügerschaft besitzen, bezahle ich wie alle anderen Overseas-Studierenden 18’000£ für mein Studium. Obwohl meine Familie mich unterstützt, finde ich es unfair, dass die Studierenden unter dem Streik am meisten leiden – genauso ungerecht sind die androhenden Pensionskürzungen der Dozierenden! Wie viele andere habe ich eine Petition unterschrieben, in denen wir unsere Studiengebühren für die vier Streik-Wochen zurückfordern.

«Folks, es tut mir leid, aber ihr seid unser letztes Druckmittel», sagte Dr. Gerteis vor ein paar Tagen zu uns in der Vorlesung «Wenn die Rentenreform durchgesetzt wird, dann muss ich arbeiten, bis ich 75 Jahre alt bin». Auch Dr. Dolce drückte ihr Bedauern aus, aber meinte: «Es ist einfach unfair! Wir haben unser Leben lang eingezahlt und jetzt stellt sich heraus, dass wir uns als RentnerInnen wahrscheinlich nicht einmal mehr einen Kaffee leisten können».

Falls der UUK einwilligt, die Reform zu revidieren, soll der Streik sofort abgebrochen werden, um den Schaden an den Studierenden zu begrenzen. Viele Dozierende sind jedoch pessimistisch. «Das wird der grösste Streik seit Jahrzehnten», meinte Dr. Gerteis, «aber ich bezweifle, dass sich etwas ändern wird».

Wie weiter?

Am 28. Februar will die UCU vor dem Parlament demonstrieren. Wenn jedoch alle Massnahmen keine Wirkung zeigen, steht ein Benotungsboykott an, was die Abschlüsse der Studierenden in ganz Grossbritannien gefährden würde.

Was bleibt uns Studierenden da übrig? Einige meiner KommilitonInnen haben sich Urlaub gebucht, doch daran ist für mich nicht zu denken: Einige meiner Dozierenden erwarten trotzdem alle Essay zu den ursprünglich gesetzten Daten.

Druck ausüben, dem Management schreiben, sich dem Protest der UCU anschliessen und nach vorn schauen.

Celia Gomez

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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