Gehorsam zwischen den Konfessionen

«Darum sollt ihr schauen, dass ihr einander gehorsam seid». Der gegenseitige Gehorsam, zu dem Bruder Klaus mahnt, kann auch das ökumenische Bemühen in fruchtbare Bahnen lenken. Bruder Klaus hat vor der Reformation gelebt. Er hat an der Amtskirche, wie sie sich in seiner eigenen Gemeinde präsentierte, gelitten: Der Ortspfarrer in Sachseln war ein Abwesender, der von den Gemeindegliedern vor allem mehr Geld wollte. Im Prozess gegen diesen Kleriker hat Niklaus von Flüe seine Gemeinde vertreten.

Bruder Klaus war aber auch angewiesen auf das seelsorgerliche Geleit, das er bei anderen Vertretern der Amtskirche fand, und Zeit seines Lebens dankbar dafür. Ohne die Erklärungen und Informationen, ohne den Rat und die persönliche Anteilnahme, die ihm die Pfarrer Oswald Ysner und Heini am Grund gaben, hätte er seinen Weg niemals finden können. Auch zu den Lebzeiten von Bruder Klaus war es, wie es bis heute geblieben ist: Die Kirche, von der Jesus gesagt hat, er wolle sie bauen und bewahren, begegnet uns in der Gestalt von unterschiedlich glaubwürdigen Menschen. Auch die Traditionen, die von der Amtskirche vergegenwärtigt werden, sind von unterschiedlicher Tiefe und Tragkraft.

Gegenseitige Lernbereitschaft und Kritik

Bruder Klaus hat sich nicht angemasst, die Kirche zu reformieren. Er hat sich aber auch nicht unkritisch genügen lassen an dem, was sie am Einfachsten und Naheliegendsten bot. Vielmehr hat er seine Seelsorger sorgfältig gesucht – nicht nach dem Kriterium, wer ihm das Gefälligste biete, sondern wer ihn und die Seinen begleiten könne, wenn sie dem Ruf des Evangeliums folgen wollten. Das weist auch der Ökumene den Weg: Es geht nicht darum, die Amtskirchen zu verschmelzen zu einer Einheit auf dem gemeinsamen kleinsten Nenner.

Es geht auch nicht darum, sich in nichtssagenden Referenzen gegenseitig zu ehren, so dass niemand mehr kritische Fragen an die Praxis und Lehre der anderen äussern darf. Vielmehr geht es darum, aufeinander zu hören, voneinander zu lernen, sich aber auch herauszufordern – im Vertrauen darauf, dass die Gaben des Evangeliums immer noch grösser sind als alles, was eine kirchliche Rechtskörperschaft festhalten kann. Das ist der Weg, auf den Bruder Klaus die Ökumene weist – jedenfalls in meiner, zugegeben explizit reformierten Sicht.

Bernhard Rothen

Bernhard Rothen ist evangelischer Pfarrer in Hundwil und Präsident der Stiftung Bruder Klaus, die sich vor allem der Auseinandersetzung mit dem Brief an Bern widmet. www.stiftungbruderklaus.ch

Hinweise

Die Stiftung Bruder Klaus hat im Rahmen des Gedenkjahres zahlreiche Aktivitäten realisiert, darunter auch drei kurze Videos in drei Sprachen zu grundlegenden Themen im Zusammenhang mit Niklaus von Flüe: www.stiftungbruderklaus.ch/videos.

Bernhard Rothen: Brief an die Berner Ratsherren: «Von Liebe wegen», in: Gröbli (2016), 197–202.

Bruder Klaus und Gefährten

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.blogs-kath.ch/gehorsam-zwischen-den-konfessionen/