(Un)-heiliger CHE

Vor 50 Jahren wurde Che Guevara erschossen. Damit wurde der marxistische Revolutionär, Arzt und Autor definitiv zu einer Legende.  Noch heute gehört er zu den bekanntesten Figuren des 20. Jahrhunderts. Als ich 1990 nach Ost-Berlin kam, hing sein Porträt in vielen WG-Zimmern. Auch in meinem. Auf  Kuba-Festen oder an Pressefesten der «Humanité» in Paris entdeckte ich zudem per Zufall ein Foto von einer Frau, die dasselbe Perret trug wie ich damals: Tamara «Tanja» Bunke, Che`s Guerilla-Genossin aus der DDR. Dass Bunke eine gewalttätige Kommunistin war, wusste ich damals noch nicht.

Che Guevara war für mich  lange eine Ikone. Ich glaubte den Worten Jean-Paul Sartres, der ihn einmal den «vollständigsten Menschen unserer Zeit» nannte. Ich fand den Medizinstudent cool, der per Anhalter übers Land fuhr und später auf dem Motorrad zu einer Reise quer durch den Kontinent aufbrach. Der Leprakrankenhäuser besuchte und als Arzt mittellose Menschen versorgte.

Als ich erstmals den toten Che auf Fotos sah, war ich perplex: Der tote Revolutionär hatte grosse Ähnlichkeit mit Darstellungen von Jesus Christus. Nicht erstaunt war ich, als ich las, dass Menschen sich Strähnen von seinem Haar abschnitten und sie wie Reliquien verehrten.

Als ich später Kuba besuchte, fotografierte ich begeistert den Ausspruch «Hasta la victoria siempre». Die allmähliche Erkenntnis jedoch, dass der Che, der Stalin-Verehrer, mit Menschen, die politisch nicht auf seiner Linie waren, brutal umging und sogar einen dritten Weltkrieg in Kauf nahm, liess auch in mir die Verehrung zu diesem marxistische Revolutionär absterben. Den sozial-romantische Film «Die Reise des jungen Che» des brasilianischen Regisseurs Walter Salles aus dem Jahr 2004 mit Gael Garcia Bernal habe ich mir heute Abend  dennoch gerne angesehen. Aber mit dem Wissen von heute.

Vera Rüttimann

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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