Vom Bedürfnis zum Zeugnis

Ich besuche die Heilige Messe aus einem Bedürfnis heraus. Wenn ich längere Zeit verhindert bin daran teilzunehmen, dann macht mich das traurig. Wie zum Beispiel nach meinem Unfall. Ich mache mir Gedanken darüber, wann es mir zum Bedürfnis wurde und was genau dieses Bedürfnis auslöst.

Als Kind begleitete ich oft meine Mutter zur Messe. Sie ging jeden Sonntag und fragte jedes mal wer mit wolle. Meine älteren Geschwister kamen da schon meist nicht mehr mit. Aber ich liebte es, an der Hand meiner Mutter zu Fuss zur Kirche zu spazieren. Dann in den Kirchenraum einzutreten, wo es schlagartig still war.

Stille.

Das war sicher etwas, das mir schon als Kind ein Bedürfnis sein konnte. In einem Haushalt mit vier Kindern, zwei Eltern und zwei Grosseltern (mindestens) war es eigentlich immer laut. Still war es für ein paar Jahre am Morgen, wenn meine Geschwister in der Schule waren und ich noch zu Hause. Dann malte meine Mutter oft. Ich an ihrer Seite. Und sonntags, gab es die Ruhe eben in der Kirche, kurz  bevor die Messe begann.

Von der Eucharistiefeier bekam ich wohl noch nicht viel mit. Ich hatte eher die Bank-Rücken-Perspektive. Der Wechsel zwischen sitzen, stehen und knien bekam ich mit, aber die Bedeutung nicht. Die Lieder konnte ich noch nicht, aber das Vaterunser, ja das konnte ich schon bald mitbeten.

Beten.

Ich erinnere mich an keine Phase in meinem leben, in der ich nicht gebetet hätte. Sicher sprachen meine Eltern für mich das Abendgebet, wenn sie mich zu Bett brachten, als ich noch nicht sprechen konnte. Ich erinnere mich an das Schutzengelein-Mein-Gebet, das ich schon früh mit meiner Mutter betete. Später lernte ich das Vaterunser. Was der Priester am Altar tat, sah ich lange Jahre nicht. Dafür fehlte mir die Sicht zum Altar. Doch die Priester standen uns schon zugewandt. Die Kirche war bereits umgebaut, der alte Altar entfernt und ein neuer geweiht. Manchmal, wenn es Weihrauch gab, wurde ich grün im Gesicht, dann brachte mich meine Mutter nach draussen. Doch das kam selten vor.

Gotteshaus.

Mir war klar, dass dieses Haus ein ganz spezielles war. Es wurde für Gott erbaut. Verschiedene Arten von Gebäuden zu unterscheiden, hatte ich früh gelernt, mein Vater und Grossvater waren Architekten, sie erbauten unsere Kirche. Auch das wusste ich damals schon. Doch sie haben es nicht für mich, nicht für sich sondern für Gott, für Jesus Christus gebaut. Ich ging mit meiner Mutter gerne dorthin, weil ich mich dort Gott nahe fühlte.

Gott.

Gott war und ist immer für mich da. Das ist meine Grunderfahrung im Glauben. Jesus Christus ist für mich da. In einer Weiterbildung fragte uns der Dozent einmal, welchen Namen wir Jesus Christus geben würden. Ich fand einen und dieser ist für mich noch heute ein Name, der mich tröstet wenn es nicht mehr weiter gehen will.

Suche.

In der Kirche, in der Stille, in der heiligen Messe, finde ich Ruhe, finde ich Anspruch, finde ich Verständnis und erfahre Annahme mit all meinen Fehlern und Schwächen.

Dankbarkeit.

Dafür danke ich Gott. Ich danke ihm in meinen alltäglichen Gebeten und ich danke ihm im Gottesdienst. Diese Gebete, oder soll ich sie Gespräche nennen, führen in eine tiefe Verbundenheit. Je inniger ich die Bindung erfahre, desto weiter weg von IHM fühle ich mich manchmal. Es ist eine lebendige Beziehung.

Zeugnis.

Während ich Gott erfahre, wächst in mir das Bedürfnis, Zeugnis zu geben. Zeugnis von Jesus, der für meine Sünden am Kreuz gestorben ist. Der für mich gelitten hat, der begraben wurde und am dritten Tage auferstanden ist. Für mich. Für uns alle, die wir ihm gehören. Bis er kommt.

Jesus.

 

Anna Di Paolo

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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