Jugend ohne Gott?

Das Thema «Kirchliche Jugendarbeit» begegnet mir in letzter Zeit recht häufig. Vielleicht gewinnt es in der Kirche an Aktualität, weil die nächste römische Bischofssynode sich damit befasst, vielleicht ist das auch Zufall. Für die Buchvernissage zur neuen Publikation von Dominik Schenker zum Thema (Angaben am Schluss des Blogs) bat man mich um ein kurzes Statement von drei, maximal fünf Minuten.

Gott ist heute nicht weniger präsent als in früheren Zeiten

Die erste Minute nutzte ich für eine hoch theologische Feststellung: Es gibt keinerlei triftige theologische Gründe zur Annahme, dass Gott in unserer heutigen Welt und folglich bei den jungen Menschen unserer Zeit weniger präsent ist als in früheren Zeiten. Er ist – so jedenfalls verheisst es uns die Bibel – jeder und jedem von uns näher als wir selbst uns nahe sind. Er ist auf der Suche nach uns Menschen, nach unseren Herzen und unserer Solidarität – und er hofft darauf, gefunden zu werden im Acker des Lebens eines jeden Menschen. Die theologische Aufgabe kirchlicher Jugendarbeit besteht darin, sich an Gottes Suche nach den Menschen zu beteiligen, und jungen Menschen zu helfen, den Schatz im Acker ihres Lebens zu finden. Kirchliche Jugendarbeit ist zu einer doppelten Solidarität verpflichtet: Zur Solidarität mit dem Gott Jesu, der ein Gott des Lebens, des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit ist, ebenso wie zur Solidarität mit den jungen Menschen, die – ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht, ob es sie interessiert oder langweilt, ob sie eine Sprache dafür haben oder nicht – Gottes Söhne und Töchter sind, einzigartig und liebenswert. Das ist nichts anderes als die jugendpastorale Konkretisierung des Doppelgebotes, Gott und die Menschen von ganzem Herzen, von ganzem Verstand und mit aller Kraft zu lieben.

Die Lebenswelt Jugendlicher ist der Ort ist, wo sie Gott begegnen

Die zweite Minute nutzte ich für eine Schlussfolgerung: Wenn die Lebenswelt Jugendlicher, das was ich im Sinne des jesuanischen Gleichnisses vom Schatz im Acker den «Acker ihres Lebens» genannt habe, der Raum oder der Ort ist, wo sie Gott begegnen oder «vergegnen», wo sie vielleicht suchen und gefunden werden, müssen jene, die für die Jugendpastoral Verantwortung tragen, sich dafür interessieren, hinschauen und zu verstehen suchen. Denn recht verstandene Liebe besteht nicht darin, dass ich den anderen mit meinen Überzeugungen, mit meinen Gefühlen oder mit meiner Frömmigkeit überschütte. Vielmehr besteht sie darin, dass ich mich interessiere, zu sehen und zu verstehen suche, höre, mich einlasse, mich überraschen lasse, mich auch befremden lasse. Dieses Interesse verlangt von den Verantwortlichen der Jugendpastoral, dass sie die Lebenswelt junger Menschen interessiert und wohlwollend wahrnehmen, samt

Denn diese Lebenswelt ist ein theologischer Ort. Sie ist der Ort wo sich ereignen kann, was das Ziel der Jugendpastoral ist: Dass diese jungen Menschen

Wenn wir das tun, haben auch wir die Chance, neue Schätze zu entdecken im Acker unseres eigenen Lebens – und zwar nicht nur als Individuen, sondern auch als Gemeinschaften und als Kirche.

Jugendpastoral ist eine Schatzsuche, die Offenheit für unerwartete Funde verlangt

Die dritte Minute nutzte ich für eine Empfehlung:

Denn es ist dringend nötig, dass wir uns als Kirche möglichst vorurteilslos und interessiert einlassen auf das Thema Jugendpastoral, dass wir nicht nur konstatieren, dass die Jugend unsere Zukunft ist, um dann weiterzumachen wie bisher, sondern die Frage nach der Zukunft Jugendpastoral als eine «Schatzsuche» und «Suche nach Bodenschätzen» verstehen, die Sachkenntnis, aber auch Mut zu neuen Tiefenbohrungen und Offenheit für unerwartete Funde verlangt.

Dominik Schenker, Organisierte Freiheit. Jugendarbeit der katholischen Kirche in der Deutschschweiz. Ein Handbuch, Edition NZN bei TVZ: Zürich 2017, 311 Seiten

 

Daniel Kosch

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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