Wort zum Sonn-tag

Die Wahlen in Frankreich und das Risiko, dass bald eine rechtsextreme Politikerin die «grande Nation» regiert? Die scharfe Kritik des Papstes an der europäischen Flüchtlingspolitik und der (trotz allem heikle) Vergleich griechischer Flüchtlingslager mit Konzentrationslagern? Der frontale Angriff der Weltwoche auf Bischof Felix wegen seines Engagements für die Energiestrategie und die Sorge um die fatalen Folgen des Klimawandels? Der 75. Geburtstag von Bischof Vitus Huonder und die nicht ganz einfache Frage nach der Zukunft des Bistums Chur? Der Terroranschlag in Paris und die Tatsache, dass wir uns an solche Meldungen zu gewöhnen beginnen?

Die Liste der «grossen» Themen, die mir für einen Blogbeitrag durch den Kopf gehen, liesse sich verlängern. Hinzu kommen weitere, stärker im eigenen Erleben und der eigenen Arbeit verankerte Fragen und Beobachtungen. Zum Beispiel: Dass kirchliche Gremien und Institutionen dazu neigen, viel mehr Aufgaben, Prioritäten und Projekte als «vorrangig» und «dringend» zu deklarieren, als sie realistischer Weise so bearbeiten können, dass nachhaltige, spürbare Veränderungen resultieren. Oder: Nicht nur die Supermärkte wollen schon wenige Tage nach Ostern die nicht verkauften Hasen und Eier zu Billigpreisen loswerden. Auch im kirchlichen Arbeitsalltag hat der österliche «Sieg des Lebens über den Tod» bereits am Osterdienstag dem normalen Gemisch von Erfreulichem und wenig Erfreulichem Platz gemacht.

Ob ich es mir angesichts so grosser Fragen leisten kann,  zu notieren, dass die Obstbäume und die Rapsfelder blühen? Dass ich mich auf einem Spaziergang am hellen Grün der Laubbäume gefreut habe? Dass Tulpen und andere Frühlingsblumen sogar auf dem Weg durch einen Friedhof die Gedanken auf das blühende Leben richten?

Ob theologisch oder zeit-kritisch erlaubt oder nicht: Der Frühlingsspaziergang hat gut getan und aus dem Sonntag einen Sonn-tag gemacht. Und er hat dafür gesorgt, dass ich es wieder einmal geschafft habe, einen Blog-Beitrag zu verfassen, der ohne direkte oder indirekte «theologische Belehrung» oder «moralische» Aufforderung endet. Deshalb verzichte ich sowohl darauf, den sonnigen Nachmittag als «Auferstehung mitten am Tag» zu interpretieren, als auch darauf, Ihnen Spaziergänge zu empfehlen …

Daniel Kosch

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.blogs-kath.ch/wort-zum-sonn-tag/