Elisabeth Aeberli

Ökumenischer Aufbruch an der SAFFA 1958

Vom 17. Juli bis zum 15. September 1958 fand in Zürich-Wollishofen die zweite Nationale Ausstellung für Frauen, die SAFFA, statt. Organisiert wurde sie vom Bund Schweizerischer Frauenvereine (heute Alliance F). «Die Schweizer Frau, ihr Leben, ihre Arbeit» war das Motto. Die Gestaltung lag durchwegs in der Hand von Frauen.  Mitglieder des BSF sind, unter anderen, die konfessionellen Frauenverbände. Diese liessen es sich nicht nehmen, in die Gestaltung aktiv einzugreifen. Dem Evangelische Frauenbund, dem Schweiz. Kath. Frauenbund sowie dem Verband der Christkatholischen Frauen gelang es in ökumenischer Zusammenarbeit, der SAFFA 58 ihr eigenes Gesicht zu geben. Am Eingang zur Ausstellung wurde die SAFFA-Kirche errichtet. In der gut besuchten Kirche fanden regelmässig Gottesdienste statt, die zwar konfessionell getrennt waren. Die täglichen Mittagsgebete wurden jedoch  ökumenisch gestaltet.

Diesem ökumenischen Experiment hat nun der Verlag eFeF ein Buch gewidmet: «Aufbruch ist eines, und Weitergehen ist etwas anderes» Frauenräume: von der Saffa 58 zum Frauen*Zentrum Zürich. Die Theologin und Pfarrerin Evelyne Zinsstag sowie die Religionswissenschaftlerin Dolores Zoé Bertschinger begaben sich auf die Spurensuche der Betreiberinnen der Frauenkirche, die als Gründungsort der ökumenischen Frauenbewegung in der deutschen Schweiz vorgestellt wird.

Treibende Kräfte waren die Theologinnen Marga Bührig, Else Kähler und Ruth Epting. Sie erarbeiteten für die SAFFA Schriften, die in der Kirche aufgelegt wurden. Die Titel der Broschüren: «Wie wird unser Leben ganz» (Marga Bührig), «Die Bibel und die Frau von heute» (Else Kähler), «Einsames oder gemeinsames Leben» (Ruth Epting), zeigen die Richtung der Sinnfragen. Die Frauen, ob verheiratet oder ledig, sollen zu einem ganzheitlichen Leben finden, unabhängig von ihrem Status als Berufsfrauen oder als Partnerinnen im Haushalt. Nach zwei Monaten endete die SAFFA. Es folgten keine weiteren Ausstellungen mehr. Mit der erneuten Ablehnung des Frauenstimmrechts 1959 steckte die Frauenbewegung einen Rückschlag ein. Der Aufbruch in der Ökumene wurde aber für die aufbrechenden Frauen zum Lebensthema.

Marga Bührig (1915-2002) und Else Kähler (1917-2011) übernahmen 1959 die Studienleitung des Evangelischen Tagungszentrum Boldern in Männedorf. Marga Bührig wurde spät in ihrer beruflichen Karriere – 1983 – ins Präsidium des Ökumenischen Rates der Kirchen gewählt. Zusammen mit der dritten Lebensgefährtin, Elsi Arnold, reisten Marga Bührig und Else Kähler mehrmals in die USA. In Berkely, Kalifornien, erlebten sie die Aufbrüche der feministischen Theologie und der Frauenkirchen-Bewegung. «Spät habe ich gelernt, gerne Frau zu sein» – so beschreibt Marga Bührig ihre Aufbrüche. Das Buch ist 1987 als Erstauflage im Kreuz-Verlag erschienen. In der Zeitschrift der Reformierten ist nach mehr als dreissig Jahren von diesen Aubrüchen zu lesen. (»Ihre Mission, freie Liebe. Warum Marga Bührig auch heute noch über die Ehemoral der Reformierten müde lächeln würde», geschrieben von Christina Caprez in bref Nr. 13/2020).

Ruth Epting (1919-2016), die ihre Kindheit und Jugend im Umfeld der Basler Mission verbrachte, konnte erst 1960 eine eigenständige Pfarrstelle antreten. Sie war zwar ordiniert. Frauen durften aber in den 1950er Jahren nur Hilfsstellen antreten. 1971 erhielt sie durch die Basler Mission einen Lehrauftrag für Neues Testament an einer Hochschule in Kamerun. Zurück in der Schweiz wurde sie in die Leitung der Basler Mission berufen, wo sie insbesondere mit der Frauenarbeit betraut wurde. Die ökumenische Vernetzung von Frauen war ihr Ziel. 1982 beteiligte sie sich an der Gründungsversammlung des Ökumenischen Forums christlicher Frauen Europas (EFECW – Ecumenical Forum of European Christian Women) in Gwatt am Thunersee. Das Forum war vernetzt mit der Konferenz Europäischer Kirchen – und in der Vereinsstruktur waren in den meisten europäischen Ländern auch katholische und christkatholische Frauen eingebunden. Dem Forum blieb sie bis zu ihrem Tode leidenschaftlich verpflichtet. Im Rahmen des Forums engagierte sie sich besonders für die Frauen in den osteuropäischen Ländern.

Aufbruch ist eines…

Der Aufbruch 1958 wurde von Frauen getragen und weiter getragen. Im Buch von Evelyne Zinsstag und Dolores Zoé Bertschinger werden die folgenden Aufbrüche vorgestellt. Weltgebetstag der Frauen, Frauenkirchenfeste und Synoden, Beteiligung an den Frauenstreiks, die Weiterentwicklung im Frauen*Zentrum Zürich, Women’s March – und so weiter. Manches ist wieder eingeschlafen oder wird heute anders bewertet.

… und weitergehen ist etwas anderes

Von Marga Bührig stammt diese Feststellung. In ihrer Autobiographie schreibt sie: «Aufgebrochen sind wir gemeinsam, wenn auch zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Bedingungen. Vermutlich haben alle von uns irgendwann einmal die Freude über die Befreiung von übernommenen Dogmen und Rollenvorstellungen erlebt und uns als Schwestern auf einem gemeinsamen Weg stark gefühlt. Aber Aufbruch ist eins, und Weitergehen ist etwas anderes.»

Angaben zum Buch: " Aufbruch ist eines, und Weitergehen ist etwas anderes», von Evelyne Zinsstag und Dolores Zoé Bertschinger, eFeF, Verlag, Zürich 2020, Fr. 29.-

Aufbruch ist eines, und Weitergehen ist etwas anderes», von Evelyne Zinsstag und Dolores Zoé Bertschinger, eFeF, Verlag, Zürich 2020.
24. November 2020 | 15:05
von Elisabeth Aeberli
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