Heimo Amgrund (Mitte), eventuell zusammen mit dem Ranftkaplan Peter Bachtaler, zu Besuch bei Bruder Klaus. Darstellung aus der Diebold Schilling Chronik von 1513. (© zVg)
Bruder Klaus und Gefährten

«Lo trovato informato del tutto»

Im Juni 1483 besuchte der mailändische Sondergesandte Bernardo Imperiali den Eremiten im Ranft und fand ihn, wie er seinem Herzog berichtete, von allem gut unterrichtet («lo trovato informato del tutto»). Bezog sich Imperiali auf die aktuelle Verhandlungssache zwischen Mailand und den Eidgenossen?

Der Wissensdurst des Flüelibauern

Ich bin heute überzeugt, dass der Satz weit mehr aussagt und auf eine grundsätzliche Geisteshaltung von Niklaus von Flüe verweist: Er war ein Mann, der alles genau wissen und verstehen wollte. Und zwar schon in seinem früheren Leben.

So sprach er mit dem Burgdorfer Jüngling über die Vor- und Nachteile verschiedener Ordensmodelle, konkret der Minderen Brüder (Franziskaner) beziehungsweise der Kartäuser. Das ist gewiss nichts, was ein einfacher Bauer zu wissen brauchte. Ebenso schrieb der Trittheimer Abt Johannes, der hier nur als einer von vielen beeindruckten Besuchern zitiert werden soll, dass Niklaus ein Mann von scharfem Verstande sei, der «aufs Beste den Sinn der heiligen Schrift erfasst» habe.

Schliesslich überlieferte ein namentlich nicht bekannter Dominikanermönch, dass Niklaus von Flüe schon vor seinem Rückzug mit einem «Priester aus Luzern» sehr befreundet gewesen sei. Gemäss Robert Durrer handelt es sich dabei um den späteren Stanser Pfarrer Heimo Amgrund. Warum nahm ein gebildeter Luzerner Priester den weiten Weg ins Flüeli auf sich? Ich halte dafür, dass Amgrund dies nur deshalb tat, weil er Niklaus von Flüe schon vor seinem Eremitenleben als besonderen und besonders interessierten Mensch und damit als anregenden Gesprächspartner und Freund schätzte.

Das bedeutet aber auch, dass Niklaus von Flüe wohl schon als Vorsteher der Gemeinde, als Richter und Ratsherr nicht immer ‹einfach› war. Denn wer viel fragt, viel wissen und verstehen will, macht sich nicht nur beliebt. Dies ist aber eine Perspektive, über die wir kaum etwas wissen – aber gut zu seinem späteren Lebensweg passt, der mit dem Abschied aus allen öffentlichen Ämtern begann.

Roland Gröbli

 

Literatur

Durrer, Bruder Klaus (1917–1921), 38, 583; Gröbli, Einig Wesen (1990/31995), 146, 271 ff.

Heimo Amgrund (Mitte), eventuell zusammen mit dem Ranftkaplan Peter Bachtaler, zu Besuch bei Bruder Klaus. Darstellung aus der Diebold Schilling Chronik von 1513. (© zVg)
28. August 2017 | 09:20
von Bruder Klaus und Gefährten
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