Markus Baumgartner

Kreatives Kirchenjubiläum

Seit Beginn der Fastenzeit hängen zwei Schaukeln im Hauptschiff der Stadtkirche St. Dionysius in Rheine in Westfalen: Auf der 16 Meter langen Doppelschaukel können Wagemutige in zwei bis drei Metern Höhe durch den Kirchenraum schweben. Das Angebot hat die Pfarrei zu ihrem 500-Jahr-Jubiläum von einem Künstler erstellen lassen.

«Selig schaukeln, glauben, hoffen und lieben auf eigene Gefahr!» Unter diesem Titel hat der bildende Künstler Mario Haunhorst ein Kunstwerk geschaffen, mit dessen Hilfe sich die Kirchenbesucher während der Fastenzeit auf die Suche nach spirituellen Quellen im Gotteshaus begeben können. Ein Aha-Effekt hat sich bei den ersten Benutzern der «Himmelsschaukel» direkt eingestellt: «Es zaubert einem ein Lächeln ins Gesicht», darin waren sich Thomas Lemanski, leitender Pfarrer der Kirche St. Dionysius, und Bürgermeister Peter Lüttmann einig, nachdem sie am Abend des Aschermittwochs den Anfang gemacht und sich in luftige Höhen aufgeschwungen hatten, schreibt die Zeitung «Westfälische Nachrichten» und berichtet der TV-Sender SAT1 .

Direkt am Himmelsgewölbe

Pfarrer Thomas Lemanski erläutert: «Diese Schaukel ist ja von oben herab gehängt, sozusagen vom dicken Gewölbe, was für uns auch ein Himmelsgewölbe ist. Und die Doppelschaukel nimmt noch einmal Bezug darauf, dass ich nicht alleine schaukle, sondern, dass ich zwar von oben gehalten bin, aber immer in einem Beziehungskonstrukt bin mit einem anderen Menschen. Und das macht den Reiz dieser Doppelschaukel aus.» Das Schaukeln im Kirchenraum funktioniert umso besser, je mehr die jeweiligen Schaukelpartner aufeinander eingehen. «Der eine funktioniert nicht ohne den anderen», erläutert der Künstler Mario Haunhorst. Neben dem unmittelbar damit verbundenen Spass möchten er und die Organisatoren des Kirchenjubiläums das Angebot aber auch als Einladung zum Dialog und zur Auseinandersetzung mit den Inhalten verstanden wissen. 

Glückseligkeiten

«Dem Paradies ein Stück näher kommen»: Dieses Ziel möchte der Künstler mit seiner Kunstinstallation erreichen. Dazu gehören der neben der ausgeklügelt konstruierten Doppelschaukel auch zwölf über den Kirchenraum verteilte Spiegel mit Bibelversen oder tiefgründigen Sprüchen. Künstler Haunhorst, der sich rund ein Jahr mit dem im Spätmittelalter vollendeten Kirchenraum beschäftigt hatte, bevor er die spielerische Installation der Doppelschaukel entwickelte, spitzt bewusst zu: «Gott ist dort abwesend, wo Menschen ihn nicht mehr oder allzu sehr zu kennen glauben und meinen, über ihn verfügen zu können», sagt er. Indem er Elemente wie die Schaukel oder den Spiegel neu in den Raum einfügt, möchte er die Kirchenbesucher zu einer kritischen Auseinandersetzung einladen: «Mein Thema sind die zwischenmenschlichen Beziehungen und Glückseligkeiten sowie die Frage nach der Beziehung von Mensch und Gott», betont er in der «Westfälischen Zeitung». «Selig schaukeln» kann bis zum Palmsonntag, 5. April, in der St. Dionysius-Kirche Rheine erlebt werden. 

Bild Quelle YouTube von kirche-und-leben.de
9. März 2020 | 21:07
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 2 Min.
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