Br. Paul Tobler

Klöster und die digitale Welt

Unser Kloster, Disentis, ist neu Anbieter einer «App» zur Benediktsregel für Smartphones (iPhone, Android). Tägliche Abschnitte der Regel, so wie wir sie lesen, sind ergänzt mit Gedanken von Mönchen und interessanten weltlichen Persönlichkeiten. Ich erlaube mir an dieser Stelle alle kurz zu grüssen, die diesen Blog durch die dortige Einbettung lesen. Beispiele für ähnliche Projekte: Das Kloster Einsiedeln pflegt auf Facebook eine ansprechende Seite eher für junge Menschen und eine für alle Alter, mit Neuigkeiten und Impulsen, zu aktuellen Feiertagen, usw. Das französische Kloster Le Barroux ermöglicht auf der Homepage das Mithören der Psalmen-Gebetszeiten via «Live-Stream«.
Der Heilige Benedikt hat über die Anlage eines Klosters festgehalten: «Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige, nämlich Wasser, Mühle und Garten, innerhalb des Klosters befindet […]. So brauchen die Mönche nicht draussen herumzulaufen, denn das ist für sie überhaupt nicht gut.» (Benediktsregel  66,7). Er fordert und schützt also das Kloster als Ort der Gottverbundenheit, in dem Gebet, geistliche Lesung und Stille im Zentrum stehen. Und einer gewissen «Absonderung». So folgt beim Eintreten ins Benediktinerkloster zuerst eine Zeit, wo man intensiv diese geistliche Seite einübt. Dabei wird der Medienkontakt reduziert, das Mobiltelefon weggelegt, E-Mail und Internet werden noch alle paar Wochen besucht.
«Labora», die Arbeit, gehört aber natürlich auch ganz selbstverständlich dazu. Soweit möglich eben «innerhalb des Klosters, nicht herumlaufend». Nebst der Sorge für Alltägliches haben Formen von Seelsorge, Dasein für Menschen, Gastfreundschaft Tradition. Die Kirche ist sich bewusst dass wir in einem digitalen Zeitalter leben: Papst Franziskus ermutigt zu Präsenz und schreibt selber regelmässig auf seinem Twitter-Kanal. Als ich kürzlich die Bodensee-Insel Reichenau besuchte, staunte ich, welche «mediale» Bedeutung dort im Mittelalter die klösterlichen Schreibwerkstätten hatten (vgl. Bild). Und auch der Heilige Benedikt sah schon vor 1500 Jahren Schreibtafeln als Ausrüstung vor.
So finde ich auch diese Initiativen interessante, erfreuliche Aufgaben. Aufmerksam, dass man nicht unbedacht «digital draussen herumläuft»: Auch diese «Pforten» lassen sich regelmässig schliessen.

4. November 2014 | 06:30
von Br. Paul Tobler
Lesezeit: ca. 1 Min.
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