"Jesus hat keine Priester und Bischöfe geweiht" © Walter Ludin 2019
Walter Ludin

Kirchliche Strukturen: keine strikte Trennung zwischen «Laien» und Amtsträgern

Klerus und «Laien» oder Volk Gottes

Von einer Zweiteilung der Jesusgemeinschaft und sodann der nachösterlichen Bekenntnisgemeinschaft in DienstträgerInnen und andere kann wohl im Neuen Testament/in der Urkirche nicht die Rede sein.

Dies unterstreicht Walter Kirchschläger in seinem Wiener Vortag: «Erst mit der Institutionalisierung eines formellen Priestertums im Zuge der konstantinischen Wende wird eine Entwicklung eingeleitet, die im Laufe der Kirchengeschichte dogmatische Züge annahm, im Kirchenrecht ihren nachhaltigen Niederschlag fand und bis heute andauert.» Eine strikte Trennung zwischen Amtsträgern (Priestern …) und «Laien» gab es also nicht. Herbert Haag habe schon vor 20 Jahren darauf hingewiesen.

Zwischenbemerkung: Ein bekannter Bischof hat ihm damals im Namen seiner Kollegen «das Vertrauen entzogen». Darauf hiess es an der Kirchenbasis: Da gab es nichts zu «entziehen». Denn Haag hatte nie das «Vertrauen der Bischöfe» gehabt …

Weiter im Text von Walter Kirchschläger: «Das frühe Christentum kennt keine Kleriker und keine Laiinnen oder Laien. Was die Würde der Christin und des Christen ausmacht, ist seine Taufe. In diesem Initialgeschehen wird der Mensch hineingetauft in den einen Leib Christi. Es ist dieser Vorgang, zu recht allmählich grundlegend und ein Sakrament geworden, der Entscheidendes für den Menschen und für die Kirche auslöst: Eingliederung in das Volk Gottes, Zuordnung unter den Namen Jesu, bzw. des drei- faltigen Gottes im Sinne eines familiär gedachten Verhältnisses als Tochter und Sohn Gottes und als Geschwister Jesu Christi und untereinander …

Dieses Selbstverständnis über die Würde unserer Taufe fehlt weitgehend. Wenn es in der Glaubenstheorie vorhanden ist, schlägt es nicht in die Praxis von Kirche am Ort, also der Pfarre durch. Demgegenüber ist die unselige Rede von Laien und Laiinnen scheinbar nicht überwindbar. Auf allen Ebenen der Kirche suggeriert sie eine Zweiteilung, die sich in der Zuweisung von Kompetenzen unredlich spiegelt, weil sie dafür zum ausschliessenden Argument wird. Kirche am Ort kann nur in einer Gemeinschaft leben, in der alle sich auf gleicher Ebene verstehen, ungeachtet verschiedener und unterschiedlicher Dienste, die ihnen übertragen sind.

Fortsetzung folgt

«Jesus hat keine Priester und Bischöfe geweiht» © Walter Ludin 2019
10. Mai 2019 | 07:33
von Walter Ludin
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2 Gedanken zu „Kirchliche Strukturen: keine strikte Trennung zwischen “Laien” und Amtsträgern

  • Karl Stadler sagt:

    Das mag ja alles aus einer bestimmten Perspektive zutreffen, dieses Kirchenverständnis oder Kirchenbild. Aber äusserst unselig streiten, sich gegenseitig an die Kehle geraten und eine Intoleranz gegenüber andern Glaubensrichtungen entwickeln, aber auch ein ausgeprägtes hierarchisches Denken, war den frühen Christen jedenfalls bereits vor der kontantinischen Wende nicht fremd. Man konsultiere nur einmal den Clemensbrief an die Gemeinde Korinth, der um das Jahr 100 verfasst wurde.
    Wäre das Kirchenverständnis, das Sie ansprechen, kirchenrechtliche Realität, dann wäre Franziskus gehalten, sein jüngstes motu proprio “vos estis lux mundi” schnurstraks zu widerrufen. Nur schon die Bestimmngen betreffend den Anwendungsbereich (Art. 1 und Art. 6) würden schlicht keinen Sinn machen.
    Und verfahrensrechtlich macht einem ein solches Normenwerk schon Angst: Wäre ich Kleriker und würde mir eine Widerhandlung im Sinne von Art. 1 § 1 lit. a widerfahren, derart, dass eine kirchenrechtliche Strafuntersuchung gegen mich wegen sexuellem Missbrauch eröffnet würde, ich glaube, ich würde es psychisch nicht überstehen. Dieses motu propio beinhaltet ja neben andern Normen so etwas wie die Bestimmungen einer kirchenrechtlichen strafrechtlichen Voruntersuchung in diesem spezifischen Themenbereich. Art. 12 lässt sich aus über die Durchführungsmodalitäten der Untesuchung aus. Unter Art. 12 § 8 ist folgendes festgehalten: “Sofern es vom zuständidgen Dikasterium gefordert wurde, informiert der Metropolit die Person über die Untersuchung zu ihren Lasten, hört sie hinsichtlich der Tatsachen an und lädt sie dazu ein, einen Schriftsatz zur Verteidigung einzureichen. In diesen Fällen kann die Person, gegen die ermittet wird, von einem Verteidiger Gebrauch machen.”
    Man stelle sich das vor: Es wird während der Voruntersuchung – auch in einem kircherechtlichen Strafverfahren fast die wichtigste Phase – die Information des Angeschuldigten und dessen Möglichkeit zur effizienten Wahrnehmung von Verteigerrechten ins Ermessen des zuständigen Dikasteriums gestellt. Ein unabdingbares, äusserst zentrales Menschenrecht wird an den Entscheid eines zuständigen Dikasteriums gebunden?
    Unglaublich, dass man in einer Institution wie der Kirche, die sich täglich bemüht, uns an unsere Defizite zu erinnern, aber auch den unbedingten Anspruch auf Würde eines jeden Menschen immer wieder betont, im Jahre 2019 noch ein derartiges Rgelwerk erlassen kann. Zum Glück approbierte Franziskus diese Normen lediglich vorläufig, “ad experimentum”, für drei Jahre. Ich verstehe schlicht die Welt schlicht nicht mehr!

  • Thomas Markus Meier sagt:

    War mal an einer Beerdigung eines Diakons. Es ging Minuten, bis endlich die Familie zur (Brot)Kommunion durfte – weil zuerst die Kleriker (Exgüsi für den Zynismus) sich ein Schlückchen genehmigten.
    Wenn Kleriker und Laien m Chorraum, wird den Laien die Kommunion gespendet, die Priester bedienen sich selber aus dem Ziborium. Alles so feine subtile Zeichen einer Zweiklassengesellschaft.

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