Hinter Gittern: der Jerusalemer Felsendom, eines der wichtigsten Heiligtümer des Islam © zvg
Walter Ludin

Israel/Palästina: Verdrängte Tatsachen

Auch oder gerade wer Terror ablehnt, darf darauf hinweisen, dass im «Heiligen Land» der Terror keineswegs von den Palästinensern erfunden wurde. In den neuesten Palästina-Nachrichten wird daran erinnert:

«Ohne jüdisch-zionistischen Terrorismus gäbe es keinen Staat Israel.» Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina eine Vielfalt von terroristischen Gruppen. Nur zwei aus unzähligen Beispielen:

  • Der Irgun-Führer Begin verübte 1946 einen Anschlag auf das Jerusalemer King-David-Hotel. 90 Menschen wurden getötet.
  • Der gleiche Mann, später international anerkannter Staatsmann, rühmte sich, im April 1948 das Massaker von Deir Jassin begangen zu haben, das über 100 Palästinensern das Leben gekostet hat. Dazu sehr lesenswert: https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Deir_Yasin

Eine andere verdrängte Tatsache, die bereits 1972 vom Schweizer Walter Hollstein erwähnt wurde: das Mandat, in dem der Völkerbund Grossbritannien die Verantwortung für Palästina zugewiesen hat (1923). Damals waren 91 Prozent der dortigen Bevölkerung Araber, denen 97 Prozent des Bodens gehörte.

Dazu Hollstein: «Der Mandatstext nimmt von dieser Wirklichkeit nicht nur keine Kenntnis. Er deformiert sie dergestalt, dass die jüdische Minderheit als Mehrheit erscheint und die arabo-palästinensische Masse als ›nichtjüdische Gemeinschaft in Palästina’». Also: Schon Jahrzehnte vor der Gründung des Staates Israel wurden die Araber im «Heiligen Land» als quantité negligeable betrachtet.

PS: Betreff Terrorismus höre ich schon wieder den Vorwurf der «Einseitigkeit». Dazu nur dies: Während Jahrzehnten war in unsern Medien die Gleichung «Palästinenser = Terroristen» gängig. Wer von euch, liebe Kritiker, sprach damals von «einseitiger» Berichterstattung?

Auch ich musste lernen, dass das palästinensische Volk vor allem aus Menschen besteht, die in einem eigenen Staat in Frieden leben wollen; wie wir Eidgenossen, die übrigens einen Terroristen als Nationalhelden verehren. Wir nennen ihn allerdings «Freiheitskämpfer».

PS: Wie alle Blog-Beiträge spiegelt dieser Eintrag nicht die Meinung der Redaktion von kath.ch wider. kath.ch weist darauf hin, dass in den letzten zwei Jahrzehnten durch palästinensischen Terror mehr Menschen ums Leben kamen als durch Israels Recht auf Selbstverteidigung. Quelle: https://mfa.gov.il/mfa/foreignpolicy/terrorism/palestinian/pages/victims%20of%20palestinian%20violence%20and%20terrorism%20sinc.aspx

Hinter Gittern: der Jerusalemer Felsendom, eines der wichtigsten Heiligtümer des Islam © zvg
22. Dezember 2020 | 21:12
von Walter Ludin
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6 Gedanken zu „Israel/Palästina: Verdrängte Tatsachen

  • stadler karl sagt:

    Studieren Sie endlich einmal die Geschichte Palästinas vor dem zweiten Weltkrieg und machen sich kundig, möglichst über eine breite Quellenlage,und nehmen zur Kenntnis, was die damals in Palästina siedelnden Juden alles geleistet haben. Oder als Beipiel für die Zeit vor dem Weltkrieg: Warum stellen Sie nicht einmal Ihrerseits die Rolle des Grossmuftis von Jerusalem, Amin al-Husseini, dar, dessen politischen und terroristischen Handlungen in den Fokus Ihrer Interessiertheit, seine direkte Kollaboration mit dem Nazi-Regime, seine nazisitische Propaganda in Palästina, seine Gutheissung des Holocaust, seine damals strikte Ablehnung einer Zweistaaten-Lösung?

    Hören Sie doch auf mit dem Stuss, dass während Jahrzehnten in den Medien nur der palästinensische Terrorismus ein Thema gewesen sei! Herr Ludin, bereits anfangs der siebziger Jahre habe ich in Studentenkreisen, nicht zuletzt auch linker Provenienz, x-mal Diskussionen mitbekommen, dass es sich beim Staat Israel bloss um einen imperialistischen Ableger der USA oder einfach um ein neokolonialistisches Projekt handeln würde. Es handelte sich im eigentlichen Sinne um implizite Delegitimationen des Staates Israel! Hat man dagegen Einwände vorgebracht, wurde man äusserst unsanft im Geiste der 68er Bewegung verbal beleidigt. Es hatte auch Schönredner des Attentats von München im Jahre 1972 darunter. Manche von ihnen machten in der Folge mittels ihrer politischen Seilschaften auch Karriere und wollten uns später, die wir es nur an die Stammtische geschafft haben, den Sinn für Menschenrechte schärfen!!
    Statt die Alija der Juden nach Israel zu verurteilen, und mit Prozentrechnungen die Berechtigung des Staats Israel zu hinterfragen, wäre es nicht weniger angebracht, die jahrhundertealte Rolle der Kirche mit ihrem Antijudaismus in Erinnerung zu rufen, eine Rolle, die nicht wenig dazu beitrug, dass der Samen des späteren antisemitischen Rassismus auf günstigem Boden keimen konnte und so Entwicklungen, die auch zur Nazi-Ideologie führten, begünstigte. Auch diese historischen Fakten haben letzlich etwas mit dem Nah-Ost-Problem zu tun.
    Oder vielleicht könnte man in einem Blog-Beitrag thematisieren, dass es im Grunde ein Riesenskandal ist, dass siebzig Jahre nach dem Holocaust jüdische Einrichtungen in der CH, aber auch in andern Ländern Europas, wieder geschützt werden oder Juden darum ersuchen müssen, und Juden sich fragen, ob sie sich in der Öffentlichkeit mit der Kippa bedeckt zeigen dürfen. Ein Skandal, der nur am Rande in den Medien thematisiert wird. Hört man sich ein wenig diesbezüglich um, gewinnt man jedenfalls nicht den Eindruck, dass solches von grossem Interesse wäre.
    Es ist der 23. Dezember, ein Tag vor Heiligabend, und der Kirchenmann Walter Ludin weiss nichts Besseres, als wieder einmal gegen den Staat Israel zu gifteln!

    • Betr. Stimmung und Medienberichterstattung in vergangenen Jahrzehnten. Das habe ich ganz anders erlebt:
      -Im konservativen Leibblatt “Vaterland” hat der an sich sehr liebe Kollege O.Sch. so sehr für Israel Stellung bezogen, dass manche gespottet haben, er sei in Golda M. verliebt.
      -1967, während des 6-Tage-Kriegs war ich im Noviziat. Er sehr aufgeschlossener Mitbruder meinte, jetzt wisse er endlich, gegen wen er die Fluchpsalmen beten könne, eben gegen die Palästienser. Er war nicht der einzige ….

  • Thomas J. sagt:

    ” kath.ch weist darauf hin, dass in den letzten zwei Jahrzehnten durch palästinensischen Terror mehr Menschen ums Leben kamen als durch Israels Recht auf Selbstverteidigung. Quelle: https://mfa.gov.il/mfa/foreignpolicy/terrorism/palestinian/pages/victims%20of%20palestinian%20violence%20and%20terrorism%20sinc.aspx

    Der Hinweis der Redaktion sagt alles…Natürlich kann Hr Ludin sagen was er möchte, kenntnisreich ist es jedoch nicht; eher Stammtisch-Dampflauderei mit einer anti-israelischen Stoßrichtung. Inhaltlich schließe ich ich mich der erst genannten Kritik (stadler karl) an, frage mich aber auch warum neben anderen fragwürdigen Beiträgen des Autors (so auch der letzte mit über den Weihnachtssegen) derart unreflektiert und teils polemische Artikel auf kath.ch erschienen….Nichts gegen andere und populäre Meinungen, aber so plump muss es dann auch nicht sein.

  • stadler karl sagt:

    Nur kurz möchte ich anfügen, dass die Behauptung, das Ereignis von Deir Yassin sei ein Massaker gewesen, wie es im zitierten wikipedia-Beitrag dargestellt wird, so gesichert in keiner Weise erscheint. Persönlich orientiere ich mich nie näher bei wikipedia, und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Autoren nicht hinstehen und ihren Beitrag unterzeichnen. Wikipedia erscheint gerade gut genug, um sich über einen Begriff soweit zu orientieren, damit man weiss, um was es gehen könnte. Für tiefere Recherchen reicht wikipedia in sehr vielen Fällen bei weitem nicht aus. Zu den Vorkommnissen von Deir Yassin gibt es auch ganz andere Darstellungen, z.B. jene von Prof. Eliezer Tauber: http://www.audiatur-online.ch/2018/06/04/deir-yassin-es-gab-kein-massaker/ Gewiss waren die Israelis im Unabhängigkeitskrieg und in der Zeit zuvor auch nicht fehlerlos. Und Menachem Begin weigerte sich rund einen Monat nach der Gründung des Staates Israel ja auch, sich mit seiner Organisation “Irgun” bedingungslos in die neu gegründeten Steitkräfte Israels zu integrieren. Das Ereignis “Altalena” zeigt dies deutlich. Der damalige Ministerpräsident Ben Gurion zwang ihn jedoch dazu, eigenmächtige militärische Handlungen zu unterlassen. Die israelische Staatsräson kam zum Tragen. Dieses Schiff Altalena von Begin (mit Waffen, Munition und Kämpfern an Bord) vor der Küste Tel Avivs wurde unter dem Kommando von Yitzhak Rabin auf Befehl von Ben Gurion in Brand geschossen. (Quelle: Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur, Bd. 1, S. 50). Trotzdem bedeutet dieses Ereignis noch lange nicht, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen bei Deir Yassin, wo auch Zivilisten ihr Leben lassen mussten, ein Massaker war.
    Aber eigentlich wären in diesen Tagen erfreulichere Themen angezeigt. Und es gäbe auch zum Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern viele erfreulichere Dinge zu berichten, wunderbare menschliche Lichtblicke, die immer wieder von beiden Seiten ausgehen. .

  • Pia Tschupp sagt:

    Deir Yassin – ein Massaker? Ein Mythos? Die Zeit, alte Geschichte(n) zu überprüfen, haben wir nicht mehr. Sie ist uns davongelaufen.
    Dennoch muss ich Walter Ludin Recht geben, wenn er auf Vergangenes hinweist. Uns zwingt, zu reflektieren. Gegen das NichtHinSchauenWollen.
    Auch an einem 23. Dezember, kurz vor Heiligabend. Ja, wir alle werden in diesen heiligen Tagen eingeholt vom Bedürfnis nach BeSinnung, von der Frage nach dem Sinn unseres (allen) Lebens. Und der Verantwortung dafür. Alle Jahre wieder …
    Zu den Zahlen der Terror-Opfer: In den besetzten Gebieten der Westbank wird mit Steinen, auch Steinschleudern, Messern und Fahrzeugen gekämpft gegen die israelische Armee, einer der besten weltweit.
    Im Heft 3 “ISRAEL ein Blick von innen heraus” (Dez. 2020) der Rosa Luxemburg Stiftung schreiben Rela Maza und Meisa Irshaid im Kapitel “Schussswaffen in Israel” unter anderem:” Schätzungsweise sind in Israel bis zu 400.000 (illegale) Schusswaffen in Besitz von Zivilist*innen. Es ist implizit, wenn auch nicht explizit, erlaubt, erkannte oder mutmassliche Angreifer*innen zu erschiessen. Von Oktober bis Dezember 2015 sind bei 166 Vorfällen, bei denen Schusswaffen als Gegenwehr zum Einsatz kamen, 118 (mutmassliche) Angreifer*innen ums Leben gekommen.” Man rechne.
    Im B’Tselem Halbjahresbericht 2020 ist von 26 Tötungen (5 Minderjährige) im Westjordanland die Rede. Und es wird darauf hingewiesen, dass “they (die Angreifer*innen) could have been stopped with non lethal means”.
    Amos Oz meinte im Juli 2018 in seiner letzten Rede:” Die schon über hundert Jahre andauernden Auseinandersetzungen zwischen uns und den Palästinensern sind eine blutende Wunde, nicht nur eine blutende Wunde, sondern eine infizierte Wunde voller Eiter. So eine Wunde heilt man nicht so leicht. Das funktioniert nicht. Man kann nicht auf eine Wunde immer wieder einschlagen und ihr einbläuen, dass sie aufhöre soll, Wunde zu sein… Die Sprache des Wundenheilens beginnt damit, dass du deinem Gegner – ja, deinem Feind – die folgenden Worte sagst:” Ich weiss, du hast sehr grosse Schmerzen ich verstehe….. ”
    Weiter:” Es kann gut sein, dass jemand kommen wird und das tun wird, was Truman Führung nennt , nämlich dem Volk in Israel sagen:” Im Herzen wisst ihr das doch schon, ihr fahrt schon lange nicht mehr dorthin, ihr wisst, dass das nicht Teil der Heimat ist, ihr wisst, dass man auch sehr gut ohne leben kann. Also, dann machen wir das jetzt. Es wird schwierig werden und kompliziert, es wird wehtun, aber lasst es uns endlich machen, dann haben wir es hinter uns.”
    Die Rechnung ist noch nicht gemacht.

  • Maria-Christina Fernández sagt:

    Ich kann Herrn Ludin in weiten Teilen nur zustimmen: Wer Illan Pappes (Israelischer Historiker) “Die ethnische Säuberung Palästinas” gelesen hat, sollte es besser wissen.

    Interessant auch, dass die meisten israelkritischen Israeli im Ausland arbeiten. Die “Nabka” ist kein Mythos. Ariel Sharon würde es bestätigen, lebte er noch. Bloss, dass er sich dennoch als Kriegshelden sah…. wir reden hier von hunderten von Tausenden, die bis heute in Lagern wie im Libanon leben und leiden. Barenboims Ansatz – oder auch der (nirgends ausser auf CNN vermeldet) verstorbene Friedensunterhändler, Saeb Erekat, scheinen mir da weitaus bessere Ansätze zu haben.

    Die traurige Wahrheit ist m.E.: Rassismus, Vertreibung, Ermordung Unschuldiger, Anwendung von chemischen Waffen ist KEIN Privileg irgendeiner Volksgemeinschaft. Haben wir Syrien schon vergessen?

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