Mauer mit Stacheldraht/Siedlung © ZVG
Walter Ludin

Israel/Palästina: die Bibel als «Besitzurkunde»

(In meinen Unterlagen fand ich einen erschütternden Bericht der jüdischen Journalistin Amira Hass, deren Eltern im Holocaust umkamen. Er erschien vor zwei Jahren in der Zeitschrift «Neue Wege»).

Ein Beispiel: «Moses ben Zion Moskowitz wohnt in einer städtischen Siedlung namens Schilo, die inmitten von Olivenhainen, Weideland und Getreidefeldern eines Dutzend palästinensischer Dörfer errichtet wurde, nordöstlich von Ramallah. Er hatte Lust, Bauer zu werden, auf einem ebenen Landstück neben der Strasse. Aber, oh weh, PalästinenserInnen aus dem Dorf Krayot ›belästigten’ ihn gemäss eigener Aussage und beschwerten sich bei der Polizei, dass er in ihr Land eingedrungen sei. Deshalb verklagte er die Gemeinde Krayot bei einem israelischen Gericht.

Vor Gericht wurde er gefragt, ob er der Besitzer des Landes gewesen sei, als er es zu bebauen begann. Und unser Moses deutete in den Himmel hinauf und sagte: «Auch heute, der Besitzer: oben.» Er wurde wieder gefragt, ob er der Besitzer sei, und er antwortete: «Für mich persönlich ist der Besitzer der heilige Gott.» Dann variierte er ein bisschen und sagte: «Ich bin nicht persönlich der Besitzer, aber das jüdische Volk schon … Das Land gehört dem Volk Israel.» Als er gefragt wurde, wo die Besitzurkunden seien, zeigte er die Bibel.»

Immerhin:   Das israelische Gericht anerkannte Gott nicht als Autorität in Besitzfragen. Die Richterin befahl dem Siedler, das Land zu verlassen. Aber nach zwei Jahren ist Moskowitz immer noch da, bebaut das Land, und das Militär verweigert den PalästinenserInnen den Zutritt zu diesen Feldern – um ›Reibungen’ zu verhindern.

Ich meine:  Gerade religiöse Menschen sollten sich von einem  derart  krassen Missbrauch der Bibel distanzieren.

PS: In einem andern Artikel beschreibt der ebenfalls jüdische Journalist Harry Rosenbaum den Fall eines andern Siedlers. Soeben aus Russland angekommen, besetzte er das Land einer Familie, die schon seit Generationen dort lebte: «Haut ab! Das Land gehört uns Juden. Gott hat es uns gegeben.»

Mauer mit Stacheldraht/Siedlung © ZVG
10. November 2020 | 07:14
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 1 Min.
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12 Gedanken zu „Israel/Palästina: die Bibel als «Besitzurkunde»

  • Heinz Angehrn sagt:

    Walter, immer und immer wieder nimmst Du in dieser Frage für mich nicht verständlich die Haltung der palästinensischen Seite ein. Die Siedlungspolitik des Staates Israel erscheint auch mir fragwürdig. Jerusalem ist aber seine Hauptstadt, da gibt es nichts zu deuteln! Ich möchte endlich einmal von und bei Dir lesen, dass Du zumindest in folgenden Punkten mit mir einig gehst:
    a) dass die “Schuld” für die Landaufteilung von 1947/48 nicht beim jüdischen Volk, sondern bei der englischen Besatzungsbehörde lag (wenn man denn überhaupt von Schuld und nicht von moralisch höchst angemessener Wiedergutmachung nach dem Holocaust sprechen sollte),
    b) dass die Aggressionen, sowohl 1947 nach der Verabschiedung des UN-Teilungsplans wie auch 1967 im Vorfeld des Sechstagekrieges wie auch 1973 im Jom-Kippur-Krieg immer von einer Seite ausgingen,
    c) dass bis heute im Nahen Osten eine kleine religiöse Minderheit einer erdrückenden Mehrheit von Gegnern gegenübersteht, die ihren Staat und ihre Identität zerstören wollen, und darum diese Minderheit nach allen ethischen Normen Anspruch auf Selbstverteidigung hat,
    d) und dass man darum historisch gesehen durchaus von einer die NS-Ideologie fortführenden Politik sprechen darf.

    • Lieber Heinz, entschuldige bitte, dass ich erst jetzt auf deinen Kommentar antworte. Obwohl ich eigentlich schon seit fast 10 Jahren pensioniert wäre, habe ich noch recht viele Aufgaben (nicht immer so viele wie diese Tage: von Freitagabend bis Sonntagabend insgesamt vier Messen, drei davon mit Predigt.)
      Bevor ich auf deine Einwände eingehe, noch dies:
      – Vielleicht hast du im Fernsehen die Serie «Frieden» gesehen, die stark auf Fakten abgestützt ist. Sie handelt von jüdischen Kindern und Jugendlichen, die im KZ Buchwald waren, sich auf dem Zugerberg etwa ein Jahr sich erholten sollten, dort aber einer unmenschlichen Disziplin unterworfen waren. Eines Tages tritt ein zionistischer Rabbi auf und verkündet, schon drei Monate nach ihrer Ankunft «dürften» die Kinder und Jugendlichen nach Palästina. Sie wurden nie gefragt. Die meisten weigern sich. Auch dies gehört zur zionistischen Geschichte ….
      – Ich werde immer wieder die «palästinensische Haltung einnehmen», gerade weil sie für viele «nicht verständlich ist». Und obwohl viele völlig resistent sind für die von mir erwähnten Fakten. «… Umso schlimmer für die Tatsachen», hat mal ein Gescheiter gemeint.
      Nun zu deinen Einwänden:
      Die Siedlungspolitik des Staates Israel erscheint auch mir fragwürdig. Jerusalem ist aber seine Hauptstadt, da gibt es nichts zu deuteln! – Auch wenn einst ein gewisser Mister Trump ebenfalls diese Auffassung vertrat: Jerusalajm/al-Quds sollte niemandem exklusiv gehören.
      « Der UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 sah vor, einen jüdischen und einen arabischen Staat zu schaffen und Jerusalem unter internationale Verwaltung zu stellen. Die Stadt sollte als corpus separatum von den UN durch einen Treuhänderrat und einen Gouverneur regiert werden. (…) Die Stadt sollte demilitarisiert, neutral und von einer aus ausländischen Truppen rekrutierten Polizei geschützt werden. Sie sollte Teil eines gemeinsamen Handelsraums sein, den Bürger beider Staaten betreten und bewohnen durften. So sollte der gleichberechtigte Zugang zu den heiligen Stätten der drei Weltreligionen gesichert werden.» (Wikipedia)

      • Ich möchte endlich einmal von und bei Dir lesen, dass Du zumindest in folgenden Punkten mit mir einig gehst:
      a) dass die “Schuld” für die Landaufteilung von 1947/48 nicht beim jüdischen Volk, sondern bei der englischen Besatzungsbehörde lag (wenn man denn überhaupt von Schuld und nicht von moralisch höchst angemessener Wiedergutmachung nach dem Holocaust sprechen sollte). – — Ich füge hinzu: dass dann die UNO den Teilungsplan verabschiedete. Und dass heute bei den Israel die UNO trotzdem des Teufels ist. (Ihr Zentrum läge auf dem Hügel der Versuchungen, meint man zynisch…)
      • b) dass die Aggressionen, sowohl 1947 nach der Verabschiedung des UN-Teilungsplans wie auch 1967 im Vorfeld des Sechstagekrieges wie auch 1973 im Jom-Kippur-Krieg immer von einer Seite ausgingen. –— Und ich gebe zu bedenken: Ich bin auch gegen Krieg. Doch: Wie würden unsere lieben Eidgenossen reagieren, wenn ein internationales Gremium einen weiten Teil unseres Landes den Italienern zuschlügen, weil ja die Römer einst seine Besitzer waren???
      So viel oder so wenig für Heute. Ich habe wie eingangs erwähnt noch anders zu tun, abgesehen von der «Fakten-Resistenz» ……

  • Pia Tschupp sagt:

    ” Eine kleine Distanz liegt zwischen ihnen, den Palästinensern und den Siedlungen, den israelischen. Doch sind es Mauern, Furcht, Leid und Hass, die sie trennen. Auch viele Jahre. Und eine ungewisse Zukunft.” (aus “Eine Geige für Palästina”)
    Wie vieler Generationen bedarf es (noch), bis es möglich wird, den traumatischen Verlauf der Geschichte(n) aufzuarbeiten und das Leiden beidseits der Mauer erträglich(er) wird?

  • karl stadler sagt:

    Was konkret in diesem Fall vorgegangn ist, das weiss ich nicht, Herr Ludin. Aber eines weiss ich sicher: Das israelische Rechtssystem funktioniert auf keinen Fall so und funktionierte nie so! Kein Eigentumswechsel, auch bezüglich Grund und Boden nicht, funktioniert in Israel rechtlich so und würde von den Gerichten niemals anerkannt. Israel ist ein Rechtsstaat, der sich mit den europäischen Rechtssystemen in jeder Hinsicht messen kann. Aber die rechtliche Situation lässt sich in Israel und Palästina nicht mit der Situation vergleichen wie in der z.B. CH, weil da, historisch betrachtet, verschiedene frühere Rechtssysteme immer noch nachwirken, zum Beispiel auch osmanisches Recht, wenn es darum geht, einen Eigentumstitel bezüglich Grundeigentum auszuweisen. Es ist nicht so, dass da einfach ein Siedler kommen und einen Palästinenser von Grund und Boden vertreiben kann. Auf diese Weise wäre nie eine Siedlung legalisiert worden. Das Siedlerproblem ist nicht deswegen ein Problem und war nie deswegen ein Problem! Machen Sie sich einmal auf seriöse Weise kundig, bevor Sie uns falsche Vorstellungen eintrichtern wollen. Das Siedlungsproblem besteht nicht, weil die Israelis die Palästinenser einfach von ihrem Eigentum vertrieben hätten, sondern vielmehr, weil die Eigenstumsrechte keineswegs immer klar sind und vor allem, weil sie Palästinensern Boden abkaufen und später bauen, obwohl Bauen vorerst gar nicht erlaubt wäre und dieses Vorgehen im nachhinein legalisiert wird. Das sind Vorgänge, die für die Bildung eines zusammenhängenden, funktionierenden palästinensischen Staates völlig nachteilige Fakten schaffen. Und das ist keinesfalls in Ordnng.
    Ihre Behauptung, dass Siedler kommen können, die Palästinenser von rechtmässigem Grundeigentum vertreiben dürfen und dann erst noch vom Militär geschützt werden, ist schlicht eine bösartige Verleumdung des Staates Israel, wie sie eben immer wieder zum besten gegeben werden.
    Statt dass Sie das Bild einer Mauer publizieren, auf der die Insignien der antisemitischen BDS gesprayt sind, würden Sie sich besser einmal ein wenig Mühe geben und sich seriös kundig machen, warum denn solche Mauern gebaut wurden oder gebaut werden mussten!

    Es ist einfach nicht nachvollziehbar: Da läuft derzeit in kirchlichen Kreisen die grosse Diskussion, wie weit die Kirche sich in eine politische Abstimmungsvorlage wie KOVI einmischen soll – an dieser Diskussion nehmen Sie übergens auch teil – , wie weit die Kirche überhaupt sich in konkrete politische Abstimmungen sich einmischen soll, und gleichzeitig schreiben Sie auf kath.ch, einer virtuellen Plattform und Kanzel, die auch mit öffentlichen Mitteln mitfinanziert, in stetiger Regelmässigkeit einseitig und verzerrt gegen den Staat Israel, was letztlich schlicht auf Hetze und Hass hinausläuft.

    • Dass BDS antisemitisch ist, dies ist eine Verleumdung. Nicht die vielfach bezeugten illegalen Besetzungen von palästinensischem Boden …

  • Michael Bamberger sagt:

    Als katholischer Kleriker ist Ihnen die Bulle Cum nimis absurdum vom 14. Juli 1555 von Papst Paul IV. vielleicht ein Begriff. Und eventuell auch die Bestätigung jener Bulle durch die Bulle Editto sopra gli Ebrei von Papst Pius VI. vom 15. Februar 1775.

    Hier die Päpstlichen Anordnungen in der Bulle Cum nimis absurdum:

    1. Juden dürfen nur in zugewiesenen Vierteln, Stadtteilen und besonders gekennzeichneten Straßen siedeln. Diese Wohngebiete sollen von denen der Christen getrennt sein und nur durch einen Zugang zu betreten sein.

    2. Die Juden dürfen nur noch eine einzige Synagoge innerhalb ihres Wohngebietes besitzen. Der Neubau weiterer Synagogen wird untersagt. Alle übrigen Synagogen müssen abgerissen werden, Grundbesitz verkauft werden.

    3. Der jüdischen Bevölkerung wird angeordnet, dass Männer einen deutlich sichtbaren Hut einer bestimmten Farbe und Frauen ein anderes kennzeichnendes Kleidungsstück derselben Farbe tragen müssen. Davon dürfen sie keine kirchliche Ausnahmegenehmigung erwerben, selbst von den höchsten päpstlichen Behörden nicht. Die Farbe wird im Text als glauci coloris angegeben, das bedeutet blau-grün. (Die Farbbezeichnung war aber offensichtlich unklar, Papst Pius V. legte sie 1566 auf gelb fest.)

    4. Juden dürfen keine christlichen Diener, Krankenpfleger oder Ammen in Dienst nehmen.

    5. Weder sie selbst noch ihre Angestellten dürfen an christlichen Feiertagen und an Sonntagen arbeiten.

    6. Sie dürfen Christen nicht bedrängen, schon gar nicht durch fingierte Schuldscheine und Verträge.

    7. Sie dürfen mit Christen nicht zusammen spielen, essen oder gar Freundschaften pflegen.

    8. In ihren Rechnungsbüchern dürfen sie für die Konten von Christen nur die lateinische oder italienische Sprache und Schrift benutzen, andernfalls können sie diese Unterlagen nicht vor Gericht verwenden.

    9. Solche jüdischen Händler dürfen kein Getreide liefern noch andere lebensnotwendige Waren. Ausnahme bildet der Lumpenhandel.

    10. Jüdische Ärzte dürfen auch auf ausdrückliches Ersuchen keine Christen behandeln.

    11. Sie dürfen sich auch von christlichen Bettlern nicht Herren nennen lassen.

    12. Die Juden müssen ihre Kredite tagesgenau abrechnen, nicht nach angefangenen Monaten. Pfänder dürfen erst nach Ablauf von 18 Monaten verkauft werden. Mehrerlöse müssen dem Pfandgeber ausgezahlt werden.

    13. Juden sind der Gesetzgebung ihres jeweiligen Wohnortes unterworfen, auch ihnen nachteiligen.

    14. Im Übertretungsfall sind sie angemessen zu bestrafen. Auch der Straftatbestand der Majestätsbeleidigung kann gegen sie in Anschlag gebracht werden.

    15. Alle anderslautenden früheren päpstlichen Regelungen, sonstige Anweisungen und Gesetze werden durch diese Bulle aufgehoben.

    PS: Wieso erinnert obiges so sehr an die Nürnberger Rassengesetze, welche am 15. Septembers 1935 verabschiedet wurden? Wie ging sie schon wieder, die Geschichte mit dem Glashaus und den Steinen?

  • Pia Tschupp sagt:

    Am 18. Oktober 2020 schreibt mir K. aus Bethlehem:” Wir waren heute bei Freunden aus Beit Jala auf dem Land. Direkt bei Gush Azion (Siedlung). Unsere Freunde wohnen jetzt dort, damit dieses Haus nicht annektiert wird.” Nach osmanischem Recht – nota bene. Die beigelegten Bilder zeigen Haine und reife Früchte in Hülle und Fülle. Keine Spur von vernachlässigtem, nicht kultiviertem Grund und Boden.
    Im Artikel 49 der 4. Genfer Konvention (1949) heisst es:” Die Besetzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet deportieren oder umsiedeln.”
    Palästina IST völkerrechtswidrig besetzt.

  • karl stadler sagt:

    Ja, Frau Tschupp, “Palästina IST völkerrechtswidrig besetzt”, das lässt sich locker vom Hocker sagen, hier im relativ sicheren Europa, in einer relativ sicheren Klosterzelle oder von wo aus auch immer. Freunde die ich in Israel habe, und sie sind keineswegs dem Likud-Block zuzurechnen, die in Israel ebenfalls eine Veränderung der Siedlungsplitik fordern, machen sich nicht nur ernsthafte Gedanken, sondern fürchten sich davor, was eine Räumung der gesamten Westbank durch Israel bedeuten könnte. Und es sind Leute, die sich im Grunde mehr oder weniger für einen Rückzug auf die Grenzen von 1967 aussprechen würden. Aber sie wissen auch um die näheren Umstände Bescheid, die dort herrschen, im Gegensatz zu vielen Moralisten, die von hier aus mit steter Regelmässigkeit einseitig und verzerrt Israel in den Dreck ziehen. Schauen Sie sich doch einmal die Grenzen an, die bestehen würden bei einer vollständigen Räumung der Westbank! Welche Gestalt Israel annähme, wenn es denn unter den jetzigen Bedingungen sich vollständig zurückziehen würde. Israel wäre mancherorts vielleicht um die 15 bis 20 km breit. Die gesamte innerisraelische Verkehrsinfrastuktur wäre aufs höchste gefährdet. Israel hat sich bereits aus dem Sinai und dem Gaza-Streifen zurückgezogen, unter Ariel Sharon. Ariel Sharon musste in der Folge einiges einstecken und wurde stark angefeindet. Und tatsächlich: Kaum ein Jahr verging, als der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel begann. Würde Israel voreilig sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehen, würde das für die Feinde des Judenstaates, die diesen nach wie vor weghaben wollen, mitlitärisch eine noch viel bessere Position schaffen als der Abzug aus Gaza. Und diese Feinde würden gewiss keinen Augenblickzögern, diese Position für sich ohne wenn und aber auszunützen. Wenn Trump etwas zugute zu halten ist, dann das, dass er die Annexion der Golanhöhen durch Israel anerkante.

    • Pia Tschupp sagt:

      Oh, Herr Stadler, “Schwester Pia, die Fromme” meldet sich nicht locker vom Hocker aus einer relativ sicheren Klosterzelle in Europa.
      Stattdessen hat sie vor noch nicht allzu langer Zeit internationale Präsenz markiert in einem kleinen Dorf im Norden von Palästina – zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung, sie hat täglich schwerbewaffneten israelischen Soldaten, welche die israelische Bevölkerung beschützen sollten, in die verängstigten Augen geschaut, sie hat auf einer Hochzeit in Tel Aviv wunderbare Menschen kennengelernt, sie hat einem Palästinenser zugehört, dessen Ehefrau und die Tochter inhaftiert waren, sie hat auf einem Laster etwa zwei Dutzend getötete Schafe fotografiert (den Hirten konnte sie erst nach dessen Entlassung aus dem Spital treffen), sie hat Schulkinder auf ihrem Schulweg begleitet – mehrmals wöchentlich – vorbei an gepanzerten Fahrzeugen der Armee und deren Angehörigen, sie hat eine junge israelische Frau kennengelernt, die von ihr erfahren wollte, was sie “inside ” der Mauer erlebt habe, denn sie selber könne nicht in die A-Zone der palästinensischen Autonomiegebiete in der Westbank reisen (an Dorfeingängen steht auf roten Warnschildern in hebräischer, arabischer und englischer Sprache geschrieben:” This road leads to area A, under Palestinian Authorothy. The entrance for Israeli citizens is forbidden. Dangerous to your lives and is against the israeli law.”), sie hat nach einem Brandanschlag auf eine Moschee das Gotteshaus betreten dürfen, sie hat Tränengas gerochen, bei Feldarbeiten mit angepackt, protective presence geleistet, hat als Internationale die Kontrollposten (checkpoints) privilegiert passieren können, hat im christlichen Gottesdienst in Nablus die Gemeindelieder begleitet auf ihrem Instrument, ist durch die endlosen Gassen und Gässchen der Kraftorte Jerusalem und Bethlehem geschlendert , ist fliegenden Steinen ausgewichen und mit Friedensaktivisten*innen aus den beiden “Lagern” ins Gespräch gekommen.
      Die Grenzen? Ja, die Gestalt/Form des Staates Israel würde nach der Räumung genau so aussehen wie vor mehr als 70 Jahren. Und die Sperranlage? “Die wird zumeist nicht auf der Grünen Linie (Demarkationslinien als international anerkannte Grenzen) errichtet, sondern in der Westbank mitunter bis zu 20 km von der Grünen Linie entfernt, um manche Siedlungen an Israel anzubinden.” (Zitat Rosa – Luxemburg – Stiftung, Tsafrir Cohen)
      Weiter hält dieselbe Stiftung fest: ” Die israelischen Siedlungen sind ein klarer Verstoss gegen das Humanitäre Völkerrecht, das den Eroberern die Ansiedlung eigener Bevölkerung auf besetztem Land verbietet und sind international geächtet.” (Zitat)
      Jean Asselborn, Luxemburgs Aussenminister, entgegnet auf eine Interview – Frage in der Jüdischen Allgemeinen vom 29. Oktober 2020: ” Man sollte Kritiker der illegalen Siedlungspolitik nicht pauschal als Israelkritiker abstempeln. Laut Völkerrecht sind israelische Siedlungen in besetzten Palästinensergebieten nun einmal illegal. Dies muss klar kommuniziert werden.” (Zitat)
      Der Journalist Christian Müller schreibt am 15. August auf “Infosperber” u. a. : ” Den Menschen in Palästina wird das Leben bewusst schwer gemacht, um sie zur Auswanderung zu bewegen, Palästina soll mehr und mehr ein Teil des Staates Israel werden – allerdings ohne dass seine Menschen gleichberechtigt mit den Besatzern in ihrer eigenen Heimat leben dürfen. (Zitat )
      Soviel zum Rechtssystem Israels mit dem Zivil- und dem Militärrecht. Das eine für israelische, das andere für palästinensische Angeklagte.

  • Lieber Heinz, entschuldige bitte, dass ich erst jetzt auf deinen Kommentar antworte. Obwohl ich eigentlich schon seit fast 10 Jahren pensioniert wäre, habe ich noch recht viele Aufgaben (nicht immer so viele wie diese Tage: von Freitagabend bis Sonntagabend insgesamt vier Messen, drei davon mit Predigt.)
    Bevor ich auf deine Einwände eingehe, noch dies:
    – Vielleicht hast du im Fernsehen die Serie «Frieden» gesehen, die stark auf Fakten abgestützt ist. Sie handelt von jüdischen Kindern und Jugendlichen, die im KZ Buchwald waren, sich auf dem Zugerberg etwa ein Jahr sich erholten sollten, dort aber einer unmenschlichen Disziplin unterworfen waren. Eines Tages tritt ein zionistischer Rabbi auf und verkündet, schon drei Monate nach ihrer Ankunft «dürften» die Kinder und Jugendlichen nach Palästina. Sie wurden nie gefragt. Die meisten weigern sich. Auch dies gehört zur zionistischen Geschichte ….
    – Ich werde immer wieder die «palästinensische Haltung einnehmen», gerade weil sie für viele «nicht verständlich ist». Und obwohl viele völlig resistent sind für die von mir erwähnten Fakten. «… Umso schlimmer für die Tatsachen», hat mal ein Gescheiter gemeint.
    Nun zu deinen Einwänden:
    Die Siedlungspolitik des Staates Israel erscheint auch mir fragwürdig. Jerusalem ist aber seine Hauptstadt, da gibt es nichts zu deuteln! – Auch wenn einst ein gewisser Mister Trump ebenfalls diese Auffassung vertrat: Jerusalajm/al-Quds sollte niemandem exklusiv gehören.
    « Der UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 sah vor, einen jüdischen und einen arabischen Staat zu schaffen und Jerusalem unter internationale Verwaltung zu stellen. Die Stadt sollte als corpus separatum von den UN durch einen Treuhänderrat und einen Gouverneur regiert werden. (…) Die Stadt sollte demilitarisiert, neutral und von einer aus ausländischen Truppen rekrutierten Polizei geschützt werden. Sie sollte Teil eines gemeinsamen Handelsraums sein, den Bürger beider Staaten betreten und bewohnen durften. So sollte der gleichberechtigte Zugang zu den heiligen Stätten der drei Weltreligionen gesichert werden.» (Wikipedia)

    • Ich möchte endlich einmal von und bei Dir lesen, dass Du zumindest in folgenden Punkten mit mir einig gehst:
    a) dass die “Schuld” für die Landaufteilung von 1947/48 nicht beim jüdischen Volk, sondern bei der englischen Besatzungsbehörde lag (wenn man denn überhaupt von Schuld und nicht von moralisch höchst angemessener Wiedergutmachung nach dem Holocaust sprechen sollte). – …und dass dann die UNO den Teilungsplan verabschiedete. Und dass heute bei den Israel die UNO trotzdem des Teufels ist. (Ihr Zentrum läge auf dem Hügel der Versuchungen, meint man zynisch…)
    • b) dass die Aggressionen, sowohl 1947 nach der Verabschiedung des UN-Teilungsplans wie auch 1967 im Vorfeld des Sechstagekrieges wie auch 1973 im Jom-Kippur-Krieg immer von einer Seite ausgingen. – Ich bin auch gegen Krieg. Doch: Wie würden unsere lieben Eidgenossen reagieren, wenn ein internationales Gremium einen weiten Teil unseres Landes den Italienern zuschlügen, weil ja die Römer einst seine Besitzer waren???
    So viel oder so wenig für Heute. Ich habe wie eingangs erwähnt noch anders zu tun, abgesehen von der «Fakten-Resistenz» ……

  • Michael Bamberger sagt:

    Die Geschichte von den zwei Wölfen

    Es war einmal ein Grossvater, der seiner Enkelin folgendes sagte:

    “Im Leben gibt es zwei Wölfe die gegeneinander kämpfen. Der erste Wolf ist Hass, Misstrauen, Feindschaft, Angst, Kampf, Lüge, Verdunklung und Ignoranz.
    Der zweite Wolf ist Liebe, Vertrauen, Freundschaft, Hoffnung, Friede, Aufklärung, Bildung und Wissenschaft.”

    Daraufhin fragte die Enkelin ihren Grossvater: “Und welcher Wolf gewinnt?”

    Der Grossvater überlegte eine Weile und sagte schliesslich: “Der, den du fütterst…!”

  • Sehr geschätzte Sr. Pia Tschupp, Hochachtung für Ihren Einsatz, es sollte mehr Leute von Ihrem Schlage und Ihrem Format geben. Sie reden nicht nur, Sie handeln.
    Einfach nur erbärmlich der Vorhalt Ihnen gegenüber, Sie säßen in Ihrer geschützten Klosterzelle und reden gescheit daher gerade von jenen, die in der sicheren, warmen Stube sitzen und erbärmliche Ergüsse über uns ergehen lassen.

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