Obere Ranftkapelle. Federzeichnung von Alfred Bachmann. (© Roland Gröbli)
Bruder Klaus und Gefährten

Hans von Waltheym zu Besuch im Ranft

Die interessanteste und aussagekräftigste Beschreibung des Ranft und ihres berühmten Bewohners verdanken wir dem deutschen Pilger Hans von Waldheym (um 1422–1479). Der begüterte Kaufmann aus Halle (Sachsen) besuchte Bruder Klaus vor ziemlich genau 543 Jahren, am 26. Mai 1474. Seine Schilderungen des Ranfts und der Begegnungen mit Bruder Klaus, «einem Mann in seinem besten Alter», mit Dorothee, «eine hübsche junge Frau unter vierzig Jahren mit einem frischen Gesicht und glatter Haut», und deren jüngsten Sohn Niklaus, «er gleicht ihm, als wäre er ihm aus dem Gesicht geschnitten», sind einzigartig.

Unverdächtiger und unverblümter Zeuge

Hans von Waltheym war offen, neugierig und schreibt – für seine Zeit noch durchaus ungewöhnlich – in der Ich-Form, äussert seine eigene Meinung recht unverblümt. Und gerade so, als völlig unverdächtiger Zeuge ist es für uns besonders wertvoll. Anstelle vieler Worte, ein paar Zitate aus seinem Tagebuch (Übersetzung Werner T. Huber):

«Bruder Klaus ist ein feiner Mann, etwa in meinem Alter, in den besten Jahren bei Fünfzig. Er hat braunes Haar, noch kein graues. Er hat auch ein wohlgestaltetes, gut gefärbtes, schmales Gesicht, und er ist überhaupt ein schlanker Mann mit einer angenehmen, guten deutschen Sprache.»

«Ich sage, (…) auch die Hände waren voller natürlicher Wärme, genauso wie bei anderen Menschen. (..) Sein Gesicht war weder gelb noch bleich, sondern es hatte eine echte Fleischfarbe, so wie bei einem anderen lebenden, normalen, gesunden Menschen. Er ist auch nicht traurigen Mutes, sondern in all seinem Reden, in seinem Gang und in seinen Gebärden erlebten wir ihn als leutselig, mitteilsam, behaglich, fröhlich und vor allem freundlich.»

«Da fragte ich [Waldheim] ihn [Bruder Klaus] noch: <Und seit der Zeit, habt Ihr wieder einmal etwas gegessen oder getrunken?> Aber ich konnte von ihm nichts anderes erfahren als: <Gott weiss.> Und nach mancherlei Gesprächen verabschiedete ich mich erfreut von ihm und empfahl mich in sein innigstes Gebet. Dann gab er uns seine Hand, und wir verabschiedeten uns.»

Roland Gröbli

 

Literatur

Birte Krüger und Klaus Krüger (Hrsg.) (2014): Ich, Hans von Waltheym: Bericht über eine Pilgerreise im Jahr 1474 von Halle in die Provence. Halle.

Durrer (1917–1922), 56–67.

Obere Ranftkapelle. Federzeichnung von Alfred Bachmann. (© Roland Gröbli)
31. Mai 2017 | 00:09
von Bruder Klaus und Gefährten
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