Markus Baumgartner

Geldwäscher-Jurist, Gewerkschafter, Politiker und heute Jesuit

Der Luzerner Jesuit Valerio Ciriello spricht Kirchengänger wie kirchenferne Kreise an. Von seinem bewegten Leben profitieren die Plattformen, auf denen er auch Nichtgläubige zu Besinnung und Austausch einlädt. In seiner «MittWortsMusik» in der Luzerner Jesuitenkirche sollen auch Nichtgläubige Überraschungen erleben.

Er war schon Geldwäscher-Jurist, Gewerkschafter, Politiker und ist heute Jesuit und Hochschul-Seelsorger: Der Luzerner Jesuit Valerio Ciriello (1975) hat einiges erlebt: Er wuchs als Sohn italienischer Einwanderer in Bad Zurzach AG und in Süditalien auf. 2000 kehrte er für sein Erasmus-Studium an der Universität Zürich in die Schweiz zurück. Er hat Jus in Napoli studiert, vertiefte sich an der University of California und hat einen Master vom College of Europe. Beruflich war er vielseitig unterwegs – universitär, internationale Organisationen, Gewerkschaft, Bank – und arbeitete ab 2007 bei der damaligen Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei und ab 2009 für die Nachfolgeorganisation Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Darüber hinaus war er politisch aktiv, in der Schweiz für die CVP, in Italien für die Verdi (die Grünen) und danach für «Italia dei Valori». 

Partyzeit hinterliess Leere

Das intensive Leben ging auch in den Jahren weiter, in denen er für die Finma arbeitete: «Ich stand morgens um sieben auf und kam oft nicht vor Mitternacht ins Bett, weil ich neben der Arbeit auch für soziale Kontakte viel unterwegs war», schreibt die «Luzerner Zeitung». Im September 2014 trat er in der Schweiz in den Jesuiten-Orden ein. Seine Studenten- und Partyzeit hinterliess bei ihm eine Leere. Die Jahre führten ihn nach ersten Kontakten zu den Jesuiten in deren Jugendlagern schliesslich zum Entschluss, sich der «Berufung» zu stellen. Für Valerio Ciriello spielten Gespräche mit Pater Christian Rutishauser, dem Provinzial der Schweizer Jesuiten, eine wichtige Rolle. Ciriello war beeindruckt von der Spiritualität der Jesuiten, die «kosmopolitisch ist und gesellschaftliche wie politische Fragen miteinbezieht». Nach der Ablegung der Gelübde im Noviziat in Nürnberg 2016 studiert er Philosophie und Theologie in Paris. 

Nicht in Konsum flüchten

Spürt man diese weltliche Lebenserfahrung, wenn Valerio Ciriello in einer MittWortsMusik in der Jesuitenkirche Luzern über «Die Weltordnung nach Covid-19» spricht? In der Reihe, die jeden Mittwoch um 12.15 Uhr besinnliche Texte mit Musik verbindet, gab er kürzlich seinen Einstand. Als neuer Leiter der Hochschulseelsorge Horizonte in Luzern wird er die MittWortsMusik in der Jesuitenkirche wesentlich mitgestalten. Von den gut 40 Besuchern, die sich zur Mittagszeit diese Oase der Stille, der Musik und Meditation gönnten, erklärte Valerio Ciriello, dass Glück für uns heute eine Art äusserliche Droge sei. Wir stünden unter einem sozialen Glückszwang – vom Konsum von Genussgütern bis hin zur «Gesundheitsarbeit an unserem Körper». Die «Weltordnung nach Covid-19» biete die Chance, «die Beziehungen zu den Mitmenschen wieder in den Mittelpunkt zu rücken statt uns in Konsum zu flüchten», schreibt die «Luzerner Zeitung» weiter. 

Überraschungen für Nichtgläubige
Es ist Valerio Ciriello wichtig, mit der MittWortsMusik Kirchengänger wie kirchenferne Kreise – auch über die Musik – anzusprechen. Ideen dazu hat er viele. So wird er den Kreis der Redner ausweiten auf «Politiker, Schriftsteller, Journalisten oder auch mal einen Regierungsrat». In Paris hat er Experten-Dinners organisiert, an denen Wissenschaftler, Politiker oder Diplomaten mit jungen Menschen in Kontakt kamen. Im Lassalle-Haus möchte er solche Kontakte mit Übernachtungen intensivieren. Schliesslich schwebt ihm ein Semestereröffnungsakt vor, der Studierende der Hochschulen in Luzern zusammenbringt. All das ist auch gedacht für Menschen, die nicht an Gott glauben, schmunzelt Ciriello: «Ich bin überzeugt, dass Gott auch für Nichtgläubige da ist und Überraschungen bereithält.»

Bild Quelle jesuiten.ch
17. Januar 2021 | 16:14
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 2 Min.
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