miteinander unterwegs
Bettina Flick

Frauen und Männer miteinander unterwegs – auch in der Kirche

Etwa alle sechs Wochen halte ich in unseren Altersheimen einen Gottesdienst.

Dieses Mal bin ich recht früh da, im Saal sitzt bisher nur eine ältere Frau, mit Kopftuch und den Rosenkranz in der Hand. Als sie mich sieht, strahlt sie und meint: «Bettina, eigentlich müsstest du zur Priesterin geweiht werden. Du bist doch unsere Pfarrerin. Wenn der Papst dich kennen würde, dich würde er sicher weihen. Wenn ich noch könnte, würde ich zu Fuss nach Rom gehen, dass du geweiht wirst!»

Mich freuen diese Worte und zugleich ermutige ich sie, sich doch zu freuen an dem, was möglich ist: Dass wir nämlich miteinander Gottesdienst feiern dürften. Das wäre doch schon sehr wertvoll.

Kurz bevor der Gottesdienst beginnt, kommt die Gottesdiensthelferin zu mir und flüstert mir zu: «Es sind alle da. Frau XY wollte wissen, wer den Gottesdienst hält. Als ich ihr deinen Namen sagte, meinte sie, dass es nicht recht sei, dass eine Frau Gottesdienst feiere, sie käme nicht.»

Wieder lächle ich: So verschieden sind doch die Menschen! Im Herzen schicke ich ihr einen Segensgruss. Möge sie Frieden erfahren mit sich selbst und mit Gott.

Kurze Zeit später bin ich zu Besuch bei einer langjährigen Freundin, eine deutsche Ordensfrau, fast 80jährig. Sie erzählt mir von ihren Nöten mit dem Spiritual des Klosters und meint: «Frauen müssten endlich zu Priesterinnen geweiht werden! Du müsstest endlich geweiht werden! Leidest du nicht daran, dass dir der Zugang zum Priesteramt verwehrt ist?»

Nein, ich leide nicht. Ich habe und hatte fast immer das Glück, mit einem Priester auf Augenhöhe zusammenarbeiten zu dürfen. Und ich schätze es, gemeinsam Liturgie zu feiern. Schon in meinem ersten Pfarreipraktikum während meines Studiums sagte mir ein Pastoralassistent, dass wir, wenn wir an einen dreifaltigen Gott glauben, dies auch in unserer Team-Arbeit aufzeigen sollten. Unser Gott ist ein Gott in Beziehung. Wie gut, wenn auch wir authentisch Beziehung leben. Ein allein-herrschender Pfarrer zeigt eher ein Bild auf von einem all-mächtigen, vielleicht gar willkürlichen Gott.

In den drei Jahren, in denen ich im Hochland Boliviens mit Menschen der Aymara-Kultur zusammenarbeitete, wurde mir auch bewusst, wie schön es ist, wenn Mann und Frau sich ergänzen. Ich empfinde es als Reichtum, als Frau mit einem Mann gemeinsam den Gottesdienst zu gestalten

Wären schnell nach dem Konzil Frauen und verheiratete Männer zur Priesterweihe zugelassen worden, wären wir vielleicht alle nach wie vor allein in einzelnen Pfarreien – ob Mann, ob Frau.  Ich schätze – bei allen Schwierigkeiten, die es auch hat – die pfarreiübergreifende Arbeit in den Seelsorgeeinheiten. Ich schätze es, mich mit KollegInnen auszutauschen und nicht allein für alles zuständig zu sein, sondern meine Schwerpunkte setzen zu können. Und ich erlebe es auch in den Pfarreien, dass die Menschen die Abwechslung im Predigtdienst schätzen, dass sie zu einzelnen SeelsorgerInnen eine tiefere Beziehung aufbauen und anderen eher ausweichen können.

Wenn heute die Priesterweihe für Frauen möglich werden würde, würde ich ziemlich sicher mein «adsum» sprechen und mich weihen lassen. Auch ohne Weihe spreche ich es jeden Tag aufs Neue: «Ich bin bereit», meine Talente, meine Liebe einzubringen gemäss meiner Berufung als Christin, als Frau, als Mensch.

 

miteinander unterwegs | © se-ma.ch
3. August 2017 | 13:07
von Bettina Flick
Lesezeit: ca. 2 Min.
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