Bruder Klaus und Gefährten

«Ersatz-Landespatron» Karl Borromäus – Gedenktag am 4. November

In der Innerschweiz stösst man in schöner Regelmässigkeit auf Bilder des Mailänder Erzbischofs und Kardinals Karl Borromäus (1538–1584). Er war nach wenigen Jahren als Kardinalnepot unter seinem Onkel Pius IV. der wohl eifrigste katholische Reformer nach dem Konzil von Trient (1545–1563). Da die bischöfliche Führung im Bistum Konstanz – darin eingeschlossen auch die Heimat von Bruder Klaus – ausfiel, wurde Karl Borromäus, zu dessen Bistum auch Schweizer Untertanengebiete südlich des Gotthards gehörten, auch zum Reformer in der Schweiz, ja sozusagen zum Ersatzbischof für weite Teile der Eidgenossenschaft.

Das obenstehende Bild verdeutlicht die enge Beziehung zwischen Karl Borromäus und Bruder Klaus auf der linken Chorseite in der Kirche von Sachseln in unmittelbarer Nähe des Grabaltares. Das grosse Bild entspricht der Anordnung des Heiligsprechungsdekrets von 1610, dass Karl nur in Kardinalskleidung abgebildet werden darf. Rom wollte Karl nicht als Bischof fördern, da dieser gegen die Interessen der römischen Kurie auf seine bischöflichen Rechte gepocht hatte. Rom wollte diesen unangenehmen Teil der Erinnerung an den forschen Reformer tilgen.

Ein zweites unübersehbares Denkmal für Karl Borromäus ist die zu seinen Ehren 1614—1618 erbaute Flüeli-Kapelle. Natürlich hätte man diese Kapelle am liebsten Bruder Klaus zugeeignet, aber das war damals noch nicht möglich, weil der Ranfteremit eben noch nicht selig- oder heiliggesprochen war.

Karl-Borromäus selbst besuchte 1570 das Grab des Ranfteremiten. Diese Wallfahrt wurde von den Zeitgenossen als Anerkennung der gewohnheitsrechtlichen, aber nicht kirchlich anerkannten Verehrung des Einsiedlers aufgefasst. Nach der äusserst raschen Heiligsprechung von Karl Borromäus wurde dieser Wallfahrt noch grössere Bedeutung beigemessen, umso mehr, als der Mailänder Erzbischof auf Italienisch gesagt haben soll: «Das ist ein grosser Heiliger gewesen.»

Grossneffe Federico Borromoe, 1654–1665 Nuntius in der Schweiz, war die treibende Kraft dafür, dass Karl Landespatron der katholischen Schweiz wurde. Die Verehrung vom schnell heiliggesprochenen Mailänder Erzbischof und vom Ranfteremiten verschmolz danach beinahe. Niklaus von Flüe erhielt den Status des Landespatrons erst im 20. Jahrhundert, aber dann umso deutlicher: Das Andenken an den ersten Landespatron Karl Borromäus ist dagegen nach dem Ende der Konfessionalisierung heute stark am Schwinden.

Urban Fink-Wagner, Inländische Mission

 

Literatur:

Durrer (1917–1921), 760–763; Mariano Delgado/Markus Ries (Hrsg.): Karl Borromäus und die katholische Reform. Fribourg-Stuttgart 2010 (darin zum vorliegenden Thema vor allem die Beiträge von Volker Reinhardt, Urban Fink und Markus Ries); Kunst um Karl Borromäus. Alfred A. Schmid zum 60. Geburtstag, gewidmet von seinen ehemaligen Schülern. Hrsg. von Bernhard Anderes u.a. Luzern [1980].

Das Bild von Karl Borromäus auf der linken Chorseite in nächster Nähe zum Grabaltar von Niklaus von Flüe in der Sachsler Pfarrkirche. (Aufnahme vom Jubiläumsgedenktag 25. September 2017; Foto: ufw)
3. November 2017 | 00:03
von Bruder Klaus und Gefährten
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