„Ihr seid das Licht der Welt! “
George Francis Xavier

Einige unangenehme Wahrheiten

Transparenz und neue Gesetze zeigen in Indien Wirkung. Diesen Donnerstag verurteilte ein Gericht in Ernakulam (Kerala, Indien) einen jungen katholischen Priester zu einer doppelt lebenslangen Haftstrafe. Er wurde für schuldig befunden, eine Minderjährige seiner Pfarrei vergewaltigt zu haben. Dies ist das erste Mal in Kerala, dass ein katholischer Priester unter dem Protection of Children from Sexual Offences act (POCSO) – Schutz von Kindern vor sexuellen Handlungen Akt- bestraft wurde. Er war ein charismatischer Prediger und Kirchenmusiker.

 

In der jüngeren Vergangenheit schreckten Vorfälle auf. Im Jahr 2008 suspendierte Papst Benedikt XVI in Kerala einen Bischof aufgrund von Anklagen rund um die Adoption einer 26-jährigen Frau zu der er in ganz auffällig geheimnisvoller Weise involviert war. 2009 veröffentlichte eine indische katholische Nonne ihre unangenehmen sexuellen Begegnungen mit den Priestern in ihrer Autobiographie. Im Jahr 2011 musste ein weiterer Bischof im indischen Kerala ersetzt werden, weil er zu angeblich stattgefundener Sodomie angeklagt wurde. CBI (Central Büro of Investigation in India) verhaftete zwei Priester und eine Nonne im Zusammenhang mit dem Mord an einer Nonne, der vor 17 Jahren in einem Kloster begangen wurde. Im Jahr 2014 wurden drei Priester in Kerala verhaftet wegen der Vergewaltigung von Kindern und Belästigung einer Minderjährigen. Im Jahr 2015 musste ein weiterer Priester aus Kerala aus den USA nach Indien zurückgebracht werden, weil er zu einem Fall aus dem Jahr 2005 gegenüber einer damals Minderjährigen belastet wurde. Im Jahr 2016 antwortete die Mutter eines Opfers, der von einem katholischen Priester in Kerala vergewaltigt und ermordet worden war, auf eine Frage, die ihr Vertrauen auf den Priester bezweifelte: «Er war unser Gott». Die Ereignisse veranlassen Menschen, über ihre Respekt gegenüber göttlichen ‹Männern’  neu nachzudenken.

 

Die aktuelle Verurteilung in Indien geht einher an die Erinnerungen an all die ähnlichen Nachrichten dieser unangenehmen Wahrheiten, die wir schon kennen und sie stören uns in unserer besinnlichen Advents-Stimmung. Dennoch tut es gut, zu vernehmen, dass Transparenz und neue Gesetzgebungen greifen und dass das kirchliche Umfeld Vorfälle nicht mehr vertuscht oder Täter vor einer Strafverfolgung schützt. Auch mit der Gebets- und Bussfeier am 5. Dezember für die Opfer sexueller Übergriffe im kirchlichen Umfeld bekunden die Schweizer Bischöfe Besserung. Pädophilie ist ein schmerzliches Verbrechen und wir alle sind aufgerufen NIE wegzuhören oder wegzuschauen.

«Ihr seid das Licht der Welt! «| © 2015 GFX

Ich beachte in diesem Kontext aber auch gerne die Worte eines Kapuzinermitbruders, wenn er sagt, «Ich glaube nicht an einen Gott der mächtigen Priester. Priester, die wie Polizisten zu Moralaposteln gegenüber Jugendlichen werden, es aber an eigener Demut fehlen lassen, oder Priester, die den Menschen predigen wie eine Familie zu funktionieren hat und dennoch heimlich das eine oder andere Laster pflegen, spielen sich so zu Herren über Menschen auf und betreiben auch so Missbrauch – nicht mit Missbrauchstaten, sondern mit Machtmissbrauch durch Worte.»

 

Ich bin überzeugt, dass Gott nicht diesen Macht-Priestern seine Vollmacht geben will. Ich glaube an die vielen Tausend guter Seelen

Bonhoeffer-Denkmal auf dem Platz vor der Elisabeth-Kirche in seiner Geburtsstadt Breslau | © 2016 GFX Bonhoeffer-Denkmal auf dem Platz vor der Elisabeth-Kirche in seiner Geburtsstadt Breslau | © 2016 GFX

von Priestern und Seelsorgenden Frauen und Männern, die ihr Leben den Armen und unterdrückten Menschen widmen, die ihre Zeit und Geduld für andere opfern, um die Gute Nachricht der Freude und Liebe und Barmherzigkeit zu den Menschen zu tragen. Ich glaube an den Gott von Maximilian Kolbe, Oscar Romero, Dietrich Bonhoeffer und Mutter Teresa. Ich glaube an einen Gott des Heiligen Franziskus, für den Gott allein genügte, den ewigen tanzenden geliebten Gott.

 

PS: Der berühmte Kinofilm «Spotlight» von 2015, der sich mit der Frage des aufgedeckten Kindesmissbrauchs in Boston/USA befasst, lässt den Zuschauer in der Betroffenheit erstarren, hat aber einen sehr wertvollen Dialog für uns zum reflektieren:

 

«And when a priest pays attention to you, it’s a big deal. He asks you to collect the hymnals or take out the trash, you feel special. It’s like God asking for help. So maybe it’s a little weird when he tells you a dirty joke, but now you got a secret together, so you go along. Then he shows you a porno mag, and you go along. And you go along, and you go along, until one day he asks you to jerk him off or give him a blow job. And so you go along with that, too, because you feel trapped, because he has groomed you. How do you say no to God, right?»

«Ihr seid das Licht der Welt! «| © 2015 GFX
9. Dezember 2016 | 15:11
von George Francis Xavier
Lesezeit: ca. 3 Min.
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