Markus Baumgartner

Eine Seelsorgerin für ein ganzes Spital

Oft werfen gesundheitliche Probleme unzählige Fragen auf. Als zurzeit einzige Seelsorgerin im Spital von Schwyz ersetzt Mary-Claude Lottenbach wegen Corona so manchen Besuch am Krankenbett. Die Seele kann zur Genesung beitragen. Ihr Ziel ist es, dass die Leute merken, dass sie nicht allein sind. Dabei hilft vor allem eines: beten.  

Weshalb gerade Ich? Wie soll ich mit meiner Situation umgehen? Kommt es wieder gut? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Patienten im Spital. Die Seelsorge versucht darauf, individuell einzugehen und gemeinsam nach Antworten suchen. «Hoffnung, Mut oder Trost: Seelsorge heisst für uns aktiv beistehen und mit Herz helfen», schreibt das Spital Schwyz zur Seelsorge. 

Beratung für alle

Sie ist gern und mit Leidenschaft Seelsorgerin: Seit 2015 arbeitet Mary-Claude Lottenbach in dieser Funktion im Spital Schwyz. Sie hat einen Master in Theologie der Universität Luzern und eine Weiterbildung zur Spitalseelsorgerin absolviert und betreut konfessions-, religions- und kulturübergreifend. «Die meisten Patienten im Spital Schwyz sind aus der Region und damit entweder katholisch oder reformiert. Aber vereinzelt spreche ich auch mit Personen, die buddhistisch oder muslimisch sind. Gott ist für alle da», erklärt sie dem «Bote der Urschweiz».

In ihrer Arbeit geht sie auf die Bedürfnisse der Menschen ein. Es gibt viele Menschen, die froh sind, jemanden zum Reden zu haben, ihre Gedanken zu teilen. Ein offenes Ohr vis-à-vis, dem sie sich mitteilen können. Ihre Arbeit ist gefragt, aber im Moment ist es auf allen Abteilungen so, dass Besucher nur in speziellen Situationen erlaubt sind. Deshalb ist ihr Besuch noch mehr erwünscht als sonst.

Auch für das Personal da

Mit Schutzkleidung besucht sie auch Corona-Patienten. Dabei hat sie keine Angst vor einer Infektion: «Angst wäre ein schlechter Begleiter, Respekt habe ich aber auf jeden Fall.» Sie versucht, sich genau nach Vorgaben zu kleiden und im Alltag Distanz einzuhalten. Wie viele Patienten sie durchschnittlich besucht hängt von der Gesprächszeit ab: «Im Moment ist es einfach so, dass ich derzeit etwas selektiver umgehen muss. Ich konzentriere mich dabei vor allem auf die Patienten – ob Corona oder nicht –, die den grössten Bedarf haben», sagt sie im Interview mit dem «Bote der Urschweiz». Sie geht zweimal in der Woche auf die Intensiv- und auf die Isolationsstation. Und sie ist auch für das Personal da; für alle Pflegenden, Ärzte, das Reinigungspersonal, einfach alle, die im Spital Schwyz arbeiten. 

Was beschäftigt Personen in Krankenbetten derzeit am stärksten? Die Leute fühlen sich oft einsam. Mary-Claude Lottenbach ist momentan die Einzige, die nebst dem medizinischen Personal die Patienten sehen darf. Sie betet mit den Menschen, spricht mit ihnen über die Angehörigen, schaut Fotos und Bilder an und diskutiert darüber. «Mir ist es wichtig, ein Gefühl der Verbundenheit nach aussen zu vermitteln.»

Nach dem Spital in die Kapelle

Wie geht sie mit so viel Belastung um? Wenn sie aus dem Spital Schwyz geht, besucht sie zuerst die Kapelle und übergibt alle besuchten Patienten und Patientinnen an Gott. «Manchmal erwache aber auch ich in der Nacht und denke über das Gehörte nach. Mir hilft es dann am besten, wenn ich bete», sagte sie dem «Boten der Urschweiz». Sie kann sich auch mit einem Seelsorger-Kollegen über die Belastungen austauschen und nimmt auch Supervision in Anspruch.

Bild Quelle spital-schwyz.ch
16. November 2020 | 22:24
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 2 Min.
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