Konzilsblogteam

Eine gewichtige Fussnote

Noch kurz vor Ende des Konzils sind hochbedeutsame Entscheidungen zu treffen. So steht der Titel des zu verabschiedenden Textes über die Kirche in der Welt von heute zur Diskussion. Die Konzilsväter werden nach ihren Voten zur Qualifikation als «Pastoralkonstitution» gefragt. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit war mit diesem Titel einverstanden. Von 541 Alternativvorschlägen lauteten die meisten auf die Einstufung als «Declaratio [Erklärung]».
Die Diskussion um den Titel hatte vor allem mit der Einschätzung des doktrinären Gewichtes des Gesamttextes zu tun. Zudem bestand Unsicherheit, was die neue Bezeichnung einer «Pastoralkonstitution» bedeuten solle. Was haben pastorale Wahrnehmungen mit kirchlicher Lehre zu tun?
In der zuständigen Kommission wurde am 27. November 1965 die Titelfrage erörtert. Zwar war eine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande gekommen, doch wollte man die relativ hohe Zahl derjenigen, die anderer Meinung waren, nicht unbeachtet lassen.
Erzbischof Karol Wojtyła votierte für die Beibehaltung des Titels, jedoch mit einer erläuternden Bemerkung dazu.
So entstand eine dem Titel beigefügte Fussnote, welche das Verhältnis der beiden Teile der Konstitution zueinander klärt
Hans-Joachim Sander nennt die Fussnote «die bedeutendste Veränderung des Textes in diesem Endstadium der Textgeschichte». Mit ihr werden gewissermassen alle früheren Überlegungen, einen doktrinären Teil des Konzils von einem pastoralen Teil als nichtkonziliarer Anhang definitiv überholt. Dogmatische und pastorale Erwägungen stehen in wechselseitiger Relation zueinander. Mit der Fussnote «werden Pastoral und Dogmatik der Kirche in eine neue Beziehung gebracht: Sie stehen in keiner Unterordnungs-, sondern in einer Innen-Aussen-Konstellation und in keiner Darlegung von einem dieser beiden Pole darf der jeweils andere ausgeschlossen werden. Das jeweilige Aussen hat für das Innen konstitutiven Rang und in der Differenz zwischen beiden werden Ausschliessungen ausdrücklich überschritten».
(emf; vgl, Ry 550f; Zitate aus: Hans-Joachim Sander: Theologischer Kommentar zur Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes. In: HThK Vat II 4,581-886, 687)

27. November 2015 | 00:03
von Konzilsblogteam
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