Bruder Klaus und Gefährten

Ein Kleinod eidgenössischer Erzählkunst

Zu den vielen schönen Überraschungen in diesem Gedenkjahr gehört eine kleine, fast unscheinbare CD: «Der Fürchtemacher»; eine Erzählung von Heinrich Federer, gelesen von Bodo Krumwiede.

«Der Fürchtemacher»

Es ist eine Entdeckung in mehrfacher Hinsicht. Heinrich Federer (1866–1926) war zu Lebzeiten der bekannteste deutschsprachige katholische Schriftsteller. Seine Bestseller erreichten in Deutschland Auflagen von mehreren 100’000 Exemplaren. Zu seinen schönsten Werken gehört die Erzählung «Der Fürchtemacher», die vom Aufstand der Entlebucher gegen die Stadt Luzern berichtet und von Heinrich Bürgler, dem umtriebigen Obwaldner Landammann, der Bruder Klaus in diese Auseinandersetzung hineinziehen wollte. Nun, der Aufstand scheiterte und ihr Anführer, Peter Amstalden, endete im Luzerner Wasserturm. Wie lebendig, wie anschaulich diese Erzählung geschrieben ist, sei mit einem kleinen Auszug dokumentiert. Als letztes Mahl wünschte sich Peter Amstalden ein Stück Entlebucher Käse. Bei Heinrich Federer tönt das dann so:

«Er schnupperte an dem schönen, gelben Stück wie ein Kind, das zuerst riecht, bevor es isst. Das ganze Entlebuch duftete aus dem Käse, seine tiefen Stuben und braunen Dörröfen, seine Wecken und Bratwürste, die Ratsherrenmäntel und alten, schmalen Kirchen, seine Ställe mit zweigefleckten Rindern, sein Birnenmost, sein Bergheu, seine Alpenrosen, Kuhreihen, Fastnachtstänze und – seine Freiheit! Ach, wie viel Freiheit hatte es noch! Er aber konnte nicht drei Schritte vom Pflock, und morgen lag er, den Kopf zwischen den Beinen, im kurzgehobelten und nicht einmal schwarz angestrichenen Sarg.»

Die Wiederentdeckung dieses Kleinods eidgenössischer Erzählkunst verdanken wir dem Schauspieler Bodo Krumwiede (geboren 1956), der in diesem Gedenkjahr auch im Theaterstück NIMM MICH MIR (siehe Blog vom 19. April 2017) brilliert. Es ist eine Lust, ihm zuzuhören, wie er die unnachahmliche Fabulierkunst Heinrich Federers zum Hören bringt. Und zum Dritten führt uns die in ihren Grundzügen faktentreue Erzählung in die bewegte Zeit von Niklaus von Flüe.

Den Hörgenuss dieses Werks kann ich wärmstens empfehlen. Und wer diese Erzählung lieber lesen möchte, braucht das Buch nicht im Antiquariat zu suchen. Der deutsche Verlag tredition hat diese und weitere Publikationen von Heinrich Federer in seiner Buchreihe Klassiker der Weltliteratur 2012 neu aufgelegt.

Roland Gröbli

Literaturhinweis

Heinrich Federer (2016): Der Fürchtemacher und andere Bruder-Klaus-Erzählungen, gelesen von Bodo Krumwiede, CD (152 Minuten), erhältlich bei www.audiamo.com.

Heinrich Federer (2012): Der Fürchtemacher (Tredition Classic) Erstausgabe 1919.

Der heute weltberühmte Luzerner Wasserturm war das einsame Gefängnis Peter Amstaldens, dem Entlebucher Landammann. Er liess hier Ende November 1478 sein Leben. Heinrich Federer erinnert mich unnachahmlicher Fabulierkunst an sein Leben und seine Begegnungen mit Bruder Klaus. (© Wikimedia Commons, Autor Murdockcrc)
6. November 2017 | 00:05
von Bruder Klaus und Gefährten
Lesezeit: ca. 1 Min.
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