Heinz Angehrn

Die «selbst verschuldete Unmündigkeit»

Wie wallen sie auf, die Wogen der Empörung, wie hysterisch wirkt dieses von manchen Medien angefachte Geschrei, wie brutal bekommen die Warner/innen vor dem geistigen Überwachungsstaat recht, wenn ein Mensch wie Jan-Josef Liefers (der übrigens schon 1989 auf dem Alexanderplatz seine Stimme erhob und seine Courage offenbarte) darauf hinwies, dass das «nur allem zustimmen und tun, was man uns sagt» die neue Parole für den/die brave/n Überwachungsbürger/in ist, und dafür vom Mainstream angefeindet wurde (ja selbst zum Boykott des neuen Tatorts aus Münster wurde aufgerufen – er war übrigens wie gewohnt brillant) der Polizei vorgeworfen wird, nicht mit genügend Repressionswillen den unmaskierten, schellenschwingenden und friedlichen Demonstranten/innen zu begegnen (mitten in einer Welt, in der Dutzende Unmaskierter in Hotelrestaurants tafeln und ihre Kleinkinder dazu kreischen lassen – die bedürfen offensichtlich nicht der Repression!) allen Ernstes erwogen wird, Literatur und Literaturgeschichte, ja Philosophie und Philosophiegeschichte, nach Genderkriterien, nach «Geschlechtergerechtigkeitskriterien», nach «Rassismusverdächtigungs-Normen» zu prüfen, zu zensurieren, und so allenfalls künftigen Generationen von Lesenden, Lernenden und Studierenden Wertvolles kurzerhand vorenthalten wird – Papa/Mama Staat weiss, was Dir wohltut selbst genau der Mann, der uns einst vor der Selbst-Entmündigung warnte, nun wegen Zugehörens zum falschen Jahrhundert (!! – sic, Quelle des Irrsinns!) zensuriert und seine potentiellen Lesenden entmündigt werden sollen O Mensch, begib Dich doch in die neu formulierte Falle und freue Dich der neu erworbenen geistigen Sklaverei!

(verfasst nach einigen Tagen Abstand-Ferien, Hotelaufenthalt – s.oben – und gründlichem Nachdenken)

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  • : pixabay.com CC0
9. Mai 2021 | 15:37
von Heinz Angehrn
Lesezeit: ca. 1 Min.
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3 Gedanken zu „Die “selbst verschuldete Unmündigkeit”

  • stadler karl sagt:

    “die Wogen der Empörung…”? Ja, manche mag es vielleicht empören, wie das heutzutage als Form einer öffentlichen Reaktion jeweils weit verbreitet ist. Aber sehr viele empören sich keineswegs, nehmen gewisse Phänomene einfach erstaunt, manchmal auch etwas kopfschüttelnd, zur Kenntnis. Zu dem 2. und 3. Abschnitt Ihres heutigen Beitrags ist schwierig Stellung zu beziehen, wenn man nicht konkret auf dem Laufenden ist. Aber ich meine, dass die Diskussion sich langsam in Kreis bewegt. Natürlich beinhalten die Massnahmen, die sich auf das Pandemiegesetz abstützen, eine momentane Einschränkung von Grundrechten. Und wenn immer möglich, sollten Grundrechte nicht beschränkt werden. Wenn es sich jedoch nicht vermeiden lässt, dann immer nur so wenig wie möglich und nur solange wie unbedingt nötig. Die gesetzlichen einschränkenden Massnahmen sollten das Potential für spezifische Wirksamkeit besitzen und die in den Blick gefassten Rechtsgüter auch wirklich schützen können. Die Einschränkungen sollten verhältnismässig erfolgen und deren Wirksamkeit stetig überprüft, und wenn nötig abgeändert oder sofort aufgehoben werden. Und vor allem, falls es aus medizinischer Warte Sinn macht und möglich ist, durch Impfstrategien oder andere medizinische Errungenschaften substituiert werden.
    Dass alle diese Handlungsmaximen während einer Pandemie, die weltweit wirksam ist, in gewissen Ländern und Regionen im eigentlichen Sinne wütet, unter allen Aspekten angemessen zu beachten nicht so einfach sein dürfte, dass aufgrund zum Teil immer noch defizitären Wissenssandes in der spezifischen Forschung selbst die Fachwissenschaft sich nicht immer in allen Punkten einig ist, ist nachvollziehbar. Es entbindet die politischen Eintscheidungsträger jedoch nicht von ihrer Verantwortung. Dass da Treicheln schwingende Demonstranten und Demonstrantinnen von Diktatur sprechen, die Behörden ausgerechnet in diesem Kontext als Freiheitsfeinde, moderne Gessler und Vögte titulieren, das verstehe ich nicht so ganz.
    Wenn Sie ein Beispiel ansprechen, dass in Hotelrestaurants zufällig zusammengewürfelte Gästegruppen ohne jegliches Schutzkonzept und Schutzmassnahmen tafeln, ja, dann ist das gewiss hinterfragbar und etwas läuft offenbar falsch. Aber hat dies mit dem Thema “selbstverschuldete Unmündigkeit” wirklich etwas zu tun?
    Wo Ihnen hingegen vorbehaltlos zuzustimmen ist, sind die Abschnitte vier und fünf. Wenn versucht wird, offizielle Sprachregelungen zu dekretieren, um uns, die wir uns auf der Strasse bewegen und uns an den Stammtischen austauschen, zu erziehen, zu lenken und uns den Sinn für gesellschaftliche Entwicklungen zu öffnen, dann sollten alle Alarmglocken zu läuten beginnen. Oder wenn in den Bildungsstätten versucht werden sollte, Lesart und hermeneutische Interpretation von Literatur- und Geschichtsquellen oder philosophischen Werken verbindlich vorzuschreiben, dann weist solches Gebaren eine subtile geistige Verwandtschaft mit Bücherverbrennungen oder einer normativen Wiederbelebung des “index librorum prohibitorum” auf. Und es lässt aufhorchen, wenn im erlauchten Kreis der Nationalen Ethikkommission, wie in der NZZ kürzlich zu lesen war, darüber nach gedacht wird, wie die gesamte Gesetzgebung nach Möglichkeiten von terminologischen Ausmerzungen durchforstet werden könnte, indem z.B. Ausdrücke wie “Vater” oder “Mutter” daraus entfernt werden, um der Verwirklichung von gewissen gesellschaftspoltischen Idealen wie Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit etwas näher zu kommen. Solche “Visionen” lassen nicht nur eine eigenartige linguistische Vorstellungen erkennen, sie deuten auch darauf hin, dass derartiges Bestreben den einfachen Leuten die Fähigkeit schlicht abspricht, in solchen althergebrachten Ausdrücken unendlich vielmehr zu sehen und zu erleben als eine rein funktionale traditionalistische patriarchalische Rollenprägung in der Gesellschaft.

  • RENE SEYDOUX sagt:

    Was ist jetzt – aus christlicher Sicht – wichtiger: Die persönliche Freiheit oder die Liebe zum Nächsten? Ich weiss, im Zusammenhang mit Corona steht eine andere Frage im Vordergrund. Nämlich: ist Corona gefährlich oder nicht? Genau in dieser Frage scheiden sich die Geister. Für Alle, die “Corona” als harmlose Grippe betrachten, sind die von den Behörden erlassenen Massnahmen natürlich sinnlos oder unverhältnismässig. So gesehen, hat ihre Ablehnung und ihr Widerstand nicht viel mit der “Nächstenliebe” zu tun. Völlig anders ist es, wenn man in Corona, eine, im schlimmsten Falle, tödliche Krankheit sieht. In den Augen dieser Seite ist natürlich jegliches nicht Beachten der Massnahmen, insbesondere das keine Maske tragen, eine ernsthafte Gefahr für den Mitmenschen. Sogar wenn aus gesundheitlichen Gründen keine Maske getragen wird. Der Virus macht diesbezüglich keinen Unterschied. Wer in diesem Zusammenhang von Hysterie spricht, hat schlicht und einfach den Sachverhalt nicht verstanden. Und hier kommt nun doch noch die “Liebe” ins Spiel. Mindestens von einem Priester sollte man verlangen können, dass er sich dieser ganzen Problematik bewusst ist – auch wenn er selber zu den Skeptikern gehört – und in erster Linie der Liebe und nicht der persönlichen
    Freiheit das Wort redet.

    • Patrick Bernold sagt:

      Heinz Angehrn hat so was von Recht mit seinen kritischen Gedanken. Ihr Priester-Tadel (“… sollte man erwarten dürfen”) ist arrogant und anachronistisch – tut mir sehr leid. Völlig daneben auch die extreme Gegenüberstellung “harmlose Grippe” vs. “tödliche Krankheit” – als ob das die Realität nach so langer Zeit treffen würde! Corona ist gefährlich und muss in Mitverantwortung aller energisch bekämpft werden – das bestreitet jetzt nun wirklich niemand mehr, der ernstgenommen werden kann. Aber eine “tödliche” Krankheit ist die Covid-19-Pandemie Gott sei Dank nur in einer trotz allem sehr begrenzten Zahl von Fällen. Das ist nun hinreichend weltweit bekannt. Deswegen modern-liberale Gesellschaften in vielen Ländern über nun schon mehr als ein Jahr in wirklich bevormundender Behördenart – u.a. – zu mittelalterlich anmutenden Kleider- und Abstandsvorschriften zu zwingen, kann man nun einmal mit Fug und Recht sehr wohl in Frage stellen. Nicht mehr als das tut Herr Angehrn – und ich lasse mir das übrigens auch wie er von keinem*r Covid-Rechthaber*-in nehmen (Diese Gendersternchen-Schreibweise verwende ich übrigens nur, damit klar wird, dass solche Kommentare auf H. Angehrn wie die von K. Stadler und Ihnen, Herr Seydoux, meines Erachtens zunehmend in ähnlich-doktrinären Bahnen verlaufen wie sie SprachideologInnen des neuen nichtbinär-diversen Menschenbildes vertreten…).

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