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Die italienischen Wahlen vom 28. April 2013. Auf dem Weg zur Entflechtung von Kirche und Staat in Italien

Hinsichtlich der Politik in Italien hatten Papst Pius XII. und die italienischen Bischöfe mit wenigen Ausnahmen die Auffassung vertreten, dass den kirchlichen Weisungen auch in der Politik Folge zu leisten sei und dass sie und nicht die einzelnen Gläubigen über Formen der Zusammenarbeit mit Parteien, die religiöse Grundsätze in der Politik ablehnten, zu entscheiden haben. Führende Vertreter des linken Flügels der christdemokratischen Partei Democrazia Cristiana, die als verlängerter Arm der Kirche galt, vertraten hingegen seit den 1950er Jahren die Unabhängigkeit der Partei von der Kirche und strebten eine «apertura a sinistra» an, die durch die italienischen Wahlen vom 28. April 1962 auf nationaler Ebene möglich wurde und im Dezember 1963 unter dem Katholiken Aldo Moro (1916-1978) zur ersten Mitte-Links-Regierung in Italien führte.
Papst Johannes XXIII. hatte diese politische Wende in Italien mitbewirkt. Er hatte sich im Vorfeld der italienischen Wahlen in seiner Dankrede für die Verleihung des Balzan-Friedenspreises (7. März 1963; siehe auch den Beitrag zur Audienz für den Schwiegersohn von Chruschtschow) gegenüber dem italienischen Staatspräsidenten für eine übernationale Neutralität der Kirche ausgesprochen und in Pacem in terris (11. April) den Dienst der Kirche an allen Menschen angemahnt. Zugleich hatte er die politische Neuorientierung hin zu einer Mitte-Links-Koalition weder verurteilt noch die direkte Einflussnahme der italienischen Bischöfe in den Wahlkampf unterstützt.
Als die Christdemokraten bei den Wahlen vom 28. April 1963 Verluste hinnehmen mussten, während die Kommunisten Gewinne erzielten, warfen die Kurie und konservative Kreise in Italien Johannes XXIII. vor, er trage durch sein Verhalten Mitschuld am Wahlausgang. In Wirklichkeit ebnete er der lange überfälligen «Loslösung der Kirche und des Papsttums aus der Verwicklung in die italienische Politik den Weg» (Giuseppe Alberigo) – ein Sachverhalt, der auch für die Konzilsarbeit bedeutsam war.
(Franz Xaver Bischof)

28. April 2013 | 00:50
von Konzilsblogteam
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