Hans Leu

Das gebrochene Brot...

Der einst ganze vielversprechende Brot-Leib ist gebrochen,
als Ganzes tot – tragisch – aber nun dient der Brot-Leib
gebrochen als Nahrung fuer viele – gluecklicherweise.
Wir kennen das: Das Weizenkorn stirbt in der Erde, aber
nun wird es zum Ursprung vieler Frucht.
Diese Natur-Wirklichkeit wird fuer uns zum Symbol
fuer das Leben Jesu.
Das Leben Jesu als Ganzes (von der
Wiege bis zur Bahre) ist am Kreuz wirklich gebrochen tot.
Aber nun wird es spirituelle Nahrung fuer Viele.
Diese neue spirituelle Natur-Wirklichkeit demonstrieren wir
in der kath. Eucharistie-Feier: In einem besondern Moment
zeigt uns der Vorsitzende das Brot, bricht es und verkuendet:
Seht das Brot des Lebens, gebrochen fuer Viele. Damit meint
er das Leben Jesu, das nun einerseits gebrochen-tot ist, aber
anderseits fuer Viele  zur Nahrung wird fuer ihr christliches
Leben.

Das Angebot.
Im gebrochen-toten Leib Christi (sie haben ihm die Gebeine,
das Genick, das Leben gebrochen)  – nun ein Leichnam – ist
vieles ver- geborgen: Ein eigenartiger Lebensvollzug als Profet,
seine sonderbare Botschaft von Heilung, Erloesung, von
Neuer Himmel – Neue Erde, eine energiespendende Gottesbe-
ziehung und eine fast unglaubliche Identitaet mit dem Heiligen
Gott. All das ist in diesem Leichnam gespeichert; dieser Geist
der Lebenshingabe hat den Koerper Jesu bestimmt von der
Geburt bis zum Tod. Seine irdisch koerperliche Lebensgestalt
war von diesem Geist gepraegt; und nun ist diese Lebens-
gestalt gebrochen tot. Sie ist ein historisches Ereignis –
einzigartig wie alles – aber auch wie alles in dieser Welt:
vergaenglich, kulturbedingt, in Zeit und Raum einbegrenzt –
aber nun, wie am Kreuz: blossgestellt, ausgestellt, zur Ver-
fuegung gegeben…

Die Einladung.
Sie ist mit den Worten bekannt geworden: «Nehmt und esset
(trinket) alle davon, das ist meine nun tote Lebensgestalt (ge-
brochenes Brot, vergossener Wein) endgueltig hingegeben
fuer alle, also fuer das Leben der Welt. Die Einladung ist so
eindringlich, dass sie fast zur Aufforderung wird:
Wer nicht isst und nicht trinkt…!!!
Wie die einstige vitale Lebensgestalt in die Haende der
Menschen uebergeben wurde – und von ihnen auch ge-
brochen wurde – so ist die einstige, nun aber tote Koerper-
gestalt mit allem was in ihr gespeichert ist, nun zur Verfue
gung in die Haende der Menschen noch immer uebergeben.
Uebergeben in jedem Fall. Die Einladung nun geht weiter
dahin, den uebergebenen Rest – ein heilend befreiendes An-
gebot fuer das Leben der Welt auf dem Weg in die Lebens-
fuelle fuer alle – auch wirklich zu realisieren,
das Angebot zu verwirklichen.

Der Empfang.
Wer sich dem Drama des Lebens Jesu, der Tragoedie seines
Todes, der mental-spirituellen Wirkung seiner einstigen und
weiteren Lebensgestalt (Kirche) bis heute oeffnet…  der
empfaengt all das mit offenen Augen und Ohren, laesst sich
beruehren und oeffnet nun auch die Hand zum Empfang.
Das, was im gebrochenen toten Leichnam gespeichert ist als
mentale Kraft und spirituelle Beziehung,  dem kann durch
offenen Empfang eine neue temporaere Lebensgestalt in
einem neuen Hic et Nunc gegeben werden, eine neue Erschei-
nung (Epiphanie) seines Geistes in einer neuen Verkoerperung.
Der Geist Jesu wird im Apostel Paulus, in den Heiligen und in
Vielen bis heute neu verkoerpert…  es ist Auferstehung.
«Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir». Weniger dual-
istisch: Mein Ego wird beim Empfang des Ego Jesu, bei der
Verkoerperung des andern Ego, erweitert, erneuert, trans-
figuriert, so dass meine Lebensgestalt eine christliche wird.

Die Mission.
Der aktive Empfang und die Offenheit Jesu Geist wirken zu
lassen, fuehrt zu Gedanken, Worten und Werken, die der
Intention Jesu gerecht werden. Es kommt zu einer Ego-
Identitaet. Aus 2 wird 1 !
Der eine Empfang wiederholt sich tausenfach. Und wenn es
mehrere tun, wird aus den Vielen der eine Koerper Jesu, die
christliche Epiphanie des Geistes Gottes in der heutigen Welt-
situation. Dem Empfangenden wird ein zweifaches zugemutet:
dass er sein Ich im andern Ich aufgehen laesst und sich dazu
in eine zeitgemaesse eine Korporation inkorporiert. In dieser
Koerperschaft heilt und befreit das Mit- und Fuereinander
zum Weitergehen auf dem Weg zur Lebensfuelle fuer alle.

Die Aussicht.
Der gebrochen-tote Leib Christi – in Brot und Wein real sym-
bolisiert – eignet sich in der Auferstehung, im offenen
Empfang, eine neue temporaere irdische Lebendigkeit und
Wirkung an, als «Brot fuer das Leben der Welt». Der zeit-
und raumbestimmten christlichen Verkoerperung des Geistes
Gottes ist in Aussicht gestellt, dass Gott human zur Wirkung
kommt und damit ist gegeben, dass die Welt in die Lebens-
fuelle muendet.
Der lebendige Koerper des glaeubigen Christen wird zum
Kunst-Werk, das die Heilskraft Gottes in Tat und Wahrheit
verkuendet und im Weltganzen die Koerperschaft des Heils-
Gelingens praesentiert. Der gelingende Mensch, das
gelungene Fest, die zur Freiheit und Einheit gelangte christ-
liche Koerperschaft ist dann eine wahrnehmbare humane
Herrlichkeit Gottes.

 

In der URNE – zum Staub zurueckgekehrt, als Same zur Verfuegung gestellt – wird das Angebot realisiert – leere URNE.
14. Juni 2017 | 11:23
von Hans Leu
Lesezeit: ca. 3 Min.
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