Walter Ludin

Christliche Stimme aus Palästina (2)

Hier nochmals einige Abschnitte aus der «Bibelarbeit», die palästinensische Christen während des Katholikentags 22 gehalten haben.

Missbrauch der Bibel
Gott hat vor fast drei Jahrtausenden das alttestamentliche Volk Israel ins «Gelobte Land» geführt. Daraus leiten heute noch viele Israelis, sie hätten ein göttlich verbrieftes Recht auf ganz Palästina – was für das palästinensische Volk Zerstörung mit sich bringt. Dazu heisst es im vorliegenden Dokument:
Die fundamentalistische Bibelauslegung «bringt  uns Tod und Zerstörung, wenn das Wort Gottes versteinert und von einer Generation auf die andere als toter Buchstabe tradiert wird. Dieser tote Buchstabe wird in unserer derzeitigen Geschichte als Waffe benutzt, um uns unserer Rechte und unseres Landes zu berauben.»

Und weiter:
«Wir erklären, dass jede Theologie, die die Besetzung rechtfertigt und dabei vorgibt, sich auf die Bibel oder auf den Glauben oder die Geschichte zu stützen, von der christlichen Lehre entfernt ist, weil sie im Namen des Allmächtigen Gottes zu Gewalt und zum heiligen Krieg aufruft und Gott temporären menschlichen Interessen unterordnet; damit entstellt sie das Antlitz Gottes in den Menschen, die unter politischem und theologischem Unrecht leben müssen.»

Und der Holocaust?
Der Holocaust, der fürchterliche Versuch der Nazis, das jüdische Volk auszurotten, führte bekanntlich dazu, dass dieses Volk ein Palästina «eine Heimstätte» bekam. Die Idee eines solchen Zufluchtsortes wurde vor gut 100 Jahren von Theodor Herzl am Basler (!) Zionistenkongress entwickelt. Das Brisante, Herzl dachte eher an einen Ort in Afrika …

Im Dokument heisst es:
«Der Westen versuchte, das Unrecht, das Juden in den Ländern Europas erlitten hatten, wiedergutzumachen, aber diese Wiedergutmachung ging auf unsere Kosten in unserem Land.

Unrecht sollte korrigiert werden; das Ergebnis war neues Unrecht.»

Liebe statt Rache
Trotz erlittenem Unrecht schlagen die palästinensischen Christen versöhnliche Töne an:
«Wir leben zwar unter einer Besatzungsmacht und fordern, dass unsere Widersacher dem Unrecht, das sie verursachen, ein Ende machen, gleichzeitig erkennen wir aber in ihnen Menschen, denen Gott ebenso wie uns Würde verliehen hat, die von Gottes Würde herrührt. (…)

Heute bezeugen wir die Kraft der Liebe, anstatt der Rache, eine Kultur des Lebens, anstatt einer Kultur des Todes. Das ist für uns, für die Kirche und für die Welt eine Quelle der Hoffnung.»

Liebe und Widerstand
«Liebe erkennt in jedem Menschen das Antlitz Gottes. Jeder Mensch ist mein Bruder oder meine Schwester. Das Antlitz Gottes in jedem Menschen erkennen, bedeutet jedoch nicht, das Böse oder die Aggression des anderen hinzunehmen. Die Liebe bemüht sich vielmehr, das Böse zurechtzurücken und der Aggression Einhalt zu gebieten. Das Unrecht, unter dem das palästinensische Volk lebt, d.h. die israelische Besetzung, ist ein Übel und eine Sünde, denen entgegengetreten werden muss und die beseitigt werden müssen.

Die Verantwortung dafür liegt dafür liegt zuallererst bei den Palästinensern selbst, die unter der Besetzung leben. Denn die christliche Liebe mahnt uns zum Widerstand gegen die Besetzung. Die Liebe bezwingt jedoch das Böse, indem sie den Weg der Gerechtigkeit einschlägt. Aber auch die Weltgemeinschaft ist verantwortlich, weil heute das Völkerrecht die Beziehungen unter den Völkern regelt. Schließlich tragen diejenigen, die das Unrecht tun, die Verantwortung dafür, sich selbst vom Bösen, das in ihnen ist, und vom Unrecht, das sie anderen zufügen, zu lösen.»

Die Verantwortung dafür liegt dafür liegt zuallererst bei den Palästinensern selbst, die unter der Besetzung leben. Denn die christliche Liebe mahnt uns zum Widerstand gegen die Besetzung. Die Liebe bezwingt jedoch das Böse, indem sie den Weg der Gerechtigkeit einschlägt. Aber auch die Weltgemeinschaft ist verantwortlich, weil heute das Völkerrecht die Beziehungen unter den Völkern regelt. Schließlich tragen diejenigen, die das Unrecht tun, die Verantwortung dafür, sich selbst vom Bösen, das in ihnen ist, und vom Unrecht, das sie anderen zufügen, zu lösen.»

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5. April 2023 | 08:58
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 2 Min.
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