Philip Steiner

Besuch im Gefängnis

Am letzten Sonntag hatte ich die Gelegenheit, eine Messe in einem Gefängnis mitfeiern zu können. Mehrere Mönche von St. Meinrad engagieren sich in der Seelsorge für die Häftlinge in einem Gefängnis, das ca. 20 Autominuten vom Kloster entfernt liegt. Die «Branchville Correctional Facility» beherbergt ca. 1400 Häftlinge, die sich mehrheitlich Drogendelikte zu Schulden haben kommen lassen.
Es war mein erster Besuch in einer solchen Institution und so war ich sehr gespannt, was (oder besser: wer) mich dort erwarten würde. Für den Gottesdienst erschienen etwa 30 Häftlinge in ihren khakifarbenen Overalls. Schon die herzliche Begrüssung durch die mehrheitlich jungen Männer und die frohe Stimmung liessen eine ganz besondere Feier erahnen. Tatsächlich überraschten mich die Anwesenden mit ihrem lautstarken Gesang und der augenscheinlichen Andacht, mit welcher sie an der Messe teilnahmen. Hätten sie nicht ihren Gefängnisanzug an, würde man sie mit den frömmsten Seminaristen in St. Meinrad verwechseln können!
Man konnte förmlich spüren, dass für sie die Eucharistiefeier der Höhepunkt der Woche war und dass die Häftlinge mit einer grossen Erwartung die Messe besuchten. Es ist die Sehnsucht nach Versöhnung, innerem Frieden und einem Stück Himmel in einem sonst ziemlich rauen Gefängnisklima.
Father Jeremy, welcher der Eucharistiefeier vorstand, konnte in seiner Predigt das Tagesevangelium sehr gut mit dem Leben der Häftlinge verbinden. Das Evangelium erzählte von den drei Weisen aus dem Osten, welche dem Neugeborenen in Bethlehem huldigten. Father Jeremy fragte die Mitfeiernden, welches wohl der wichtigste Satz im eben gelesenen Evangelium sei. Er selbst gab gleich die Antwort: «Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land.» Wie die Weisen schlagen auch die Gefängnisinsassen einen anderen Weg ein – auch wenn nicht ganz so, wie sie es sich wünschen würden.
Die sonntägliche Eucharistiefeier und die unter der Woche stattfindende Bibelstunde und Katechese helfen diesen Menschen, ihr Leben in einer neuen und hoffnungsvolleren Perspektive zu sehen und diesen anderen, besseren Weg in Zukunft (hoffentlich) gehen zu können. Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit diesen Menschen – als Besucher natürlich!
fr. Philipp

12. Januar 2013 | 15:40
von Philip Steiner
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