Beichtstuhl in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX
George Francis Xavier

Beichtstuhl = kein Platz für eine ja/nein Frage Runde

Es gehört zur Tradition, dass wir uns vor dem Tabernakel gegenüber dem gegenwärtigen Jesus Christus verbeugen. Ich meinte aber, dass wir im Kirchenraum auch vor Beichtstühlen sehr achtsame innerliche Verbeugungen machen dürfen.

 

Ich habe nicht nur in unserer Klosterkirche Leute gesehen, die mit einem schweren Herzen hineingehen und

Beichtstuhl in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX Beichtstuhl in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX

von allen Fesseln befreit rauskommen. Ich achte und respektiere den Beichtstuhl. Es ist ein Ort, an dem viele Menschen Jesus barmherzige und gnädige Liebe erfahren haben. Es ist ein Ort, an dem Leute wirklich Menschen wurden. Es ist ein Ort, wo viele Kämpfe gefochten und Friede gewonnen wurden. Es ist ein Ort, an dem Menschlichkeit wiederhergestellt wurden. Ich verbeuge mich vor dieser Liebe. Diese kleinen Holzhäuschen sind voll Gnade, Kraft und Liebe.

 

Was zieht mich im Moment an um Überlegungen zu Beichtstühle und die Beichte ins Netz zu stellen? Einige Male wurde ich im Beichtstuhl als Beichtvater ein bisschen verwirrt. Einige betrachten den Beichtvater als Richter. Sie stellen eine Menge Fragen über richtig oder falsch? Bin ich falsch, wenn ich es so tue oder so? Es ist doch richtig, wenn ich es so mache, oder? Ich versuche nicht eine «JA-» oder «NEIN-Antwort zu geben. Aber meine Erklärungen oder Beschreibungen im gemeinsamen Ringen um den rechten Weg, wurden mir gegenüber manchmal wieder als falsch oder richtig reflektiert.

 

Mit seinen Worten und Gleichnissen kam Jesus viel näher an die Menschen, wie jeder Richter. So ist auch die Begegnung mit Jesus im Sakrament der Versöhnung und Beichte keine Unterwerfung unter einen Richterspruch, sondern ein Ringen um den richtigen neuen Weg, mit Worten, Werken und Taten oder auch mal sprachlosen Schweigen. Die Geschichte der Ehebrüchigen ist dazu sehr inspirierend (Joh. 7,53-8,11). Die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten sie zu Jesus. Die forderten ihn auf, einen Richterspruch zu finden: Was sollte mit dieser Frau geschehen? Jesus hat ihre Schuld weder hinterfragt noch verurteilt. Jesus sagte der Frau zu gehen, und nicht wieder zu sündigen, er hat sie aufgerichtet und mit Wohlwollen auf neue Wege geführt. Auch hat Jesus gegenüber den Schriftgelehrten und Pharisäern nicht geantwortet, ob sie richtig oder falsch lägen. Der Beichtstuhl ist kein Urteilsthron oder Gericht. Es ist kein Platz für eine ja/nein Frage Runde.

 

Vier Beichtstühle in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX Vier Beichtstühle in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX

Einer meiner Mitbrüder erzählte mir eine Geschichte von einer Person, die regelmässig zum Beichtstuhl kam. Eines Tages kam sie und sagte, sie habe nichts zu beichten, aber das Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit, dass sie nach Beichte fühle, ziehe sie immer wieder gerne zum Beichtstuhl zurück. Die Person wollte nur einmal im Beichtstuhl weinen und sich gehen lassen ohne erklärende Worte sagen zu müssen.

 

Dann stand Jesus wieder auf und sagte zu der Frau: «Hat dich keiner verurteilt?» Sie antwortete: «Keiner, Herr.» Da sagte Jesus zu ihr: «Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!» Beichtstuhl ist ein Ort, an dem ich fühle, dass ich nie für schuldig befunden werde. Ich verneige mich vor dem Beichtstuhl wie vor einem Tabernakel.

Beichtstuhl in der Klosterkirche Wesemlin I © 2016, GFX
29. Oktober 2016 | 09:40
von George Francis Xavier
Lesezeit: ca. 2 Min.
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