Konzilsblogteam

Aufruf Johannes’ XXIII. zum Frieden

In den ersten Konzilswochen 1962 verdüsterten sich mit der Kubakrise alle Hoffnungen auf Entspannung im Kalten Krieg. Ein Jahr nach dem Bau der Berliner Mauer (August 1961) stand die Welt am Abgrund eines nuklearen Krieges. Amerikanische Aufklärungsflugzeuge enthüllten, dass die Sowjetunion Stützpunkte für Mittelstreckenraketen in Kuba – in Reichweite der USA – errichtete und zu diesem Zweck Atomraketen auf die Karibikinsel verschiffte. Das nuklearstrategische Gleichgewicht geriet ins Wanken. Die westliche Supermacht rüstete zum Präventivschlag, ordnete eine Blockade Kubas an und drohte, alle mit Kriegsmaterial beladenen Schiffe vor Erreichen Kubas notfalls mit Gewalt stoppen. Auf dem Höhepunkt der Kubakrise zwischen dem 22. und 28. Oktober 1962 signalisierten sowohl der katholische Präsident der USA John F. Kennedy (1917-1963) als auch der sowjetische Ministerpräsident Nikita Chruschtschow (1894-1971) ihr Interesse an einer vermittelnden diplomatischen Intervention des Papstes.
In dieser hoch explosiven Situation, deren Gefährlichkeit heute erst wieder in Erinnerung gerufen werden muss, sandte Papst Johannes XXIII. am 24. Oktober 1962 eine entsprechende Botschaft an die beiden Supermächte und am 25. Oktober richtete er in einer Radioansprache einen eindringlichen Friedensappell an alle Staatsoberhäupter der Welt, «vor dem Schrei der Menschheit nach Frieden nicht taub zu bleiben», die «Verhandlungen wiederaufzunehmen» und «der Welt die Schrecken eines Kriegs [zu] ersparen, dessen mögliche furchtbare Folgen niemand absehen kann». Am 26. Oktober veröffentlichten die «Prawda», die offizielle Zeitung der Kommunistischen Partei, den päpstlichen Friedensappell; am gleichen Tag druckte ihn auch die «New York Times» ab. Ob die päpstliche Intervention das Verhalten Kennedys und Chruschtschows beeinflusst hat, ist nicht auszumachen. Doch ordnete Chruschtschow zwei Tage später nach inzwischen erfolgtem beiderseitigen Einlenken und nach Zusage von Gegenleistungen der USA den Abbau der auf Kuba stationierten Raketenbasen an und signalisierte seine Bereitschaft, über die UNO weiterführende Gespräche über Entspannung und Abrüstung zu führen. Auch kam es in der Folge zu weiteren Kontakten zwischen dem Heiligen Stuhl und der Sowjetunion, die unter anderem im Februar 1963 nach 18jähriger Gefangenschaft und Verbannung zur Freilassung des ukrainischen Metropoliten Josyf Slipy (1892-1984) und am 8. März 1963 zur Privataudienz für die Tochter und den Schwiegersohn Chruschtschows führten, ein Treffen, das dem Papst viel Kritik eingetragen hat.(Franz Xaver Bischof)

25. Oktober 2012 | 06:46
von Konzilsblogteam
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