Niklaus von Flüe vor Liestal. Nische aus dem Bruder-Klaus-Visionenweg im Kloster Heiligkreuzthal (D). (© Kunstverlag Josef Fink / Stefanus Gemeinschaft)
Bruder Klaus und Gefährten

Auch Mystiker irren sich

Ermutigende Worte und Gedanken zu Pfingsten

«Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird» (Joh 14, 15–17). Mit diesen Worten tröstet Jesus vor seinem Sterben die Jünger. Er hielt sein Versprechen – bis heute feiern wir an Pfingsten das Kommen des Heiligen Geistes.

Bruder Klaus gilt als einer, der geistbeseelt war. «Man glaubte Bruder Klaus, weil man ihm nicht misstrauen konnte» (Peter von Matt).

Schon früh hat Niklaus Visionen – Gott spricht mit ihm durch Bilder. Als Sechzehnjähriger sieht er im Ranft einen Turm stehen, der Himmel und Erde verbindet – Ausdruck seiner «Sehnsucht nach dem einig Wesen» (Roland Gröbli). Später bedeuten ihm vier Lichter, wo genau im Ranft er sich niederlassen soll. Niklaus hatte so etwas wie einen «direkten Draht» nach oben!

Dennoch: Als er nach zwei Jahren des Ringens als Pilger aufbricht, führt ihn der gewählte Weg in die Irre. Nach nur wenigen Tagen kehrt Niklaus kurz vor Liestal um und geht zurück in seine Stammlande. Er, der von Kindesbeinen an so gottverbunden lebte, der in seinem intensiven Beten stets mit seinem Schöpfer im Gespräch blieb, er missverstand Gottes Ruf und ging zunächst in die falsche Richtung.

Wie ermutigend! Selbst Niklaus, der ein besonderes Gespür für den Geist Gottes hatte und ein offenes Ohr für seinen Ruf, muss nach seinem Weg suchen. Der Umweg, den er dabei macht, ist erhellend: In der Nacht vor Liestal sieht Niklaus einen Lichtstrahl vom Himmel herab kommen, der in ihn dringt und ihm Bauchschmerzen verursacht. Getroffen von neuer Erkenntnis findet er den Mut umzukehren und seiner Berufung eine andere Lebensform zu geben als ursprünglich gedacht. Es hat wohl die nötige Distanz gebraucht, den Perspektivenwechsel und das Aufgeben von Vertrautem um neu offen zu werden für den Geist der Wahrheit.

Nadia Rudolf von Rohr

Niklaus Kuster / Nadia Rudolf von Rohr (2017): Fernnahe Liebe. Niklaus und Dorothea von Flüe. Ostfildern.

Niklaus von Flüe vor Liestal. Nische aus dem Bruder-Klaus-Visionenweg im Kloster Heiligkreuzthal (D). (© Kunstverlag Josef Fink / Stefanus Gemeinschaft)
2. Juni 2017 | 06:15
von Bruder Klaus und Gefährten
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