George Francis Xavier

Armut ist überall gleich

Ich hatte vor kurzem ein sehr merkwürdiges aber auch inspirierendes Gespräch mit einer arbeitslosen Person, welche aus Ungarn gekommen ist und an unserer Klosterpforte stand. Der Mann hat in Ungarn seinen Job an einen Ausländer verloren und den Fall von Reichtum zu Armut erlebt. Seine drei Kinder und seine Frau, die zuerst eine gute Zeit hatten, fühlten sich hoffnungslos und traurig. Er kam in die Schweiz auf der Suche nach einem Job, er hat die Konkurrenz durch  ankommende Nicht-Europäer erlebt. Was ihn sehr ärgerte war, dass sein Nachfolger, der seinen Job bekommen hat, ein Iphone6, ein modernstes Gerät besass. Der ungarische Mann selbst wollte hingegen nur den Lebensunterhalt seiner Familie sichern. Was er an der Pforte brauchte war ein Billet zurück nach Ungarn. Er vermisste seine Familie. Er ist ein gläubiger Katholik und ist sehr enttäuscht, dass die katholische Kirche sich dafür interessiert in fremden Ländern zu helfen und nicht den eigenen Armen in Europa.
Seine Geschichte hat mich dazu inspiriert über die Sonntagskollekte nachzudenken. Wie oft habe ich über das Geld, welches für indische Kirchen gesammelt wird, gehört? Ich kann hier nicht auf Kollekten für die Kirchen in anderen Ländern eingehen. Die indische Regierung hatte aber bereits im April Lizenzen von 8,975 NGOs abgesagt. Kürzlich im Juni hat die Regierung weitere 4,470 NGOs unter dem Foreign Contribution Regulation Act für die Nichteinreichung von jährlichen Renditen und andere Anomalien abgesagt. Eine interessante Tatsache ist, dass die meisten Organisationen, die gesperrt wurden, christliche Organisationen sind (Klöster, Trusts, Sozialzentren, Hochschulen, etc.).
Die verschiedenen christlichen Kirchen sind berüchtigt für die Verletzung der Vorschriften für Fremdfinanzierung. Der Hauptvorwurf ist, dass das Geld, welches für soziale Arbeit gedacht wäre, in Indien kanalisiert wird, um Kirchen und Klöster zu bauen. Das Geld werde gebraucht, um die Kirche und Kirchenbehörden zu stärken und nicht die armen Leute.
Seit April 2015 besitzen die indischen Katholiken die grösste Kirche Asiens. Rund 500 Millionen Indische Rupien wurden ausgegeben, um diese Kirche in Kerala zu errichten. Diese Tatsache stimmt mich nachdenklich im Hinblick auf die Sonntagskollekte für Projekte in Indien. Für soziale Projekte sind Europa und die USA die grössten Quellen. Es ist einfach, soziale Projekte im Namen der Menschlichkeit zu verkaufen. Wir Inder müssen lernen, den indischen Katholiken Nächstenliebe beizubringen. Wir haben in Indien luxuriöse Kirchen und die Reichen auf der einen Seite und arme Menschen auf der anderen Seite.
Wer braucht unsere Hilfe? Lassen wir Gottes Weisheit uns helfen, jene zu identifizieren, welche die wirklichen Benachteiligten sind.
Morgen gehe ich für meine ersten Heimatferien nach Indien seit ich für mein Studium in die Schweiz gekommen bin. Die grossen Kirchenstrukturen und Kirchentürme warten auf mich. Sie werden mich klein machen. Sie werden meine Schwäche in Erinnerung rufen.  Ich habe einmal gelesen, dass ‹eine Kathedrale nichts anderes ist als eine Erweiterung des Mutterleibs.› Der Mutterleib ist das Symbol der Sicherheit und Nahrung. Die luxuriösen mächtigen Strukturen der Kirche verweigern mir die Ruhe, Sanftheit und geistige Nahrung, die ich in einer Kirche suche. Ich möchte wie ein Sufi-Heiliger zu Gott sagen, bevor er in die Moschee tritt: ‹Gott (Allah), ich gehe jetzt in die Kirche (Moschee). Wir werden uns treffen, wenn ich zurückkomme.› 

20. Juli 2015 | 21:29
von George Francis Xavier
Lesezeit: ca. 2 Min.
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