Br. Paul Tobler

An der Quelle

Letzten Samstag war Wandern angesagt. Es ging zum Tomasee, 2345 Meter über Meer, nahe vom Oberalppass. Das Spezielle: Dieser kleine Bergsee ist die Quelle des Rheins. Der bekannte, wichtige Fluss hat hier seinen beschaulichen Anfang. Mein Begleiter, der aus einer norddeutschen Stadt am Rhein stammt, staunte, dass der mächtige Fluss hier so klein anfängt. Bevor er dann 1320 Kilometer weit bis zum Meer fliesst. Eine Flaschenpost nach Norddeutschland haben wir jedoch unterlassen.
Ganz so klein fand ich – mit Schweizer Augen – die Quelle zwar auch wieder nicht. Wir sahen einen sehr schönen, beeindruckenden Bergsee, in einer Mulde liegend, mit dunklem Wasser, aber noch ziemlich schneebedeckt, umgeben von steilen Gipfeln. Ein wunderbarer Anblick. Schon beim Aufstieg waren Natur und Landschaft immer wieder zum Staunen. Es ist doch toll, was die Schöpfung für Kunstwerke bereithält. Schnee, Wasser, Steine, Sonne, Berge, Alpenpflanzen boten ein Schauspiel.
Sport und Bewegung haben im Klosteralltag regelmässig Platz. Mittwoch- oder Samstagnachmittag bieten mir zum Beispiel Zeit für kürzere oder längere sportliche Betätigung. Nachdem der Sommer in den vergangenen Wochen endlich erwacht ist, habe ich die Outdoor-Saison mit Freude eröffnet. Joggen ging ich auch während des Winters, aber nun war ich auch schon einige Male auf dem Mountainbike oder eben wandern.  Vereinzelt ist es auch schon zu einer Wanderung mit dem Mountainbike auf den Schultern gekommen.
Nach der Wanderung zum Tomasee, zurück zu Hause, folgte das Abendgebet. Mir fiel der Antwortgesang der Lesung ganz speziell auf: «Bei dir ist die Quelle des Lebens: du tränkst uns mit dem Strom deiner Wonnen» (aus Psalm 36). Ich musste lächeln. Dieses Bild kam doch bekannt vor.
Unser Kloster scheint mir gewissermassen doppelt an der Quelle. Einerseits an der Rheinquelle. Andererseits geistlich: Es gehört zu unserer Berufung, Gottes Nähe zu suchen. Und ich glaube man kann sehen, dass die Leute sich nach dieser «Quelle des Lebens», Christus, sehnen. Beispielsweise an unseren vielen Klostergästen, die für ein paar Tage mitleben. Um den «Strom der Wonnen»  im Alltag nicht zu verlieren.

25. Juni 2013 | 08:06
von Br. Paul Tobler
Lesezeit: ca. 1 Min.
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