Philip Steiner

Als Mönch in New York

Der Unterschied zwischen den letzten drei Monaten in St. Meinrad und den vergangenen fünf Tagen könnte wirklich kaum grösser sein! Während ich im ländlichen St. Meinrad die Tage mit Studium im klösterlichen Kontext zugebracht habe, verbringe ich die Thanksgiving-Ferien im puren Gegenteil: in der «Welthauptstadt» New York City. Br. John, ein Mönch von St. Meinrad, der in New York Geschichte studiert, hat mir die Unterkunft bei einer Jesuitengemeinschaft inmitten von Manhattan vermittelt. So habe ich das grosse Glück, an bester Lage gratis logieren zu können.
Ich muss gestehen, diese Stadt hat mich in vielfacher Hinsicht überrascht. Doch mehr als die Grösse und Vielfalt dieser Stadt hat mich meine eigene Einstellung zu New York erstaunt!
Bevor ich hier angekommen bin, habe ich mich gefragt, ob ich als ausgesprochenes «Landei» in dieser 8-Millionen-Stadt zurechtkommen werde und ob ich mich an der überwältigenden Vielfalt überhaupt werde erfreuen können. Denn was ich in den vergangenen fünf Jahren im Kloster tagtäglich erlebt und mir als Gewohnheit angeeignet habe, scheint nun wirklich nicht gerade leicht mit dem Lebensgefühl der New Yorker vereinbar zu sein. Für mich war klar, dass ich mich hier wie ein Fremder werde fühlen müssen.
Doch irgendwie ist dieses Gefühl in den letzten Tagen nie aufgekommen. Ich fühle mich als Mensch unter Menschen! Auch wenn mich als Mönch vieles vom durchschnittlichen New Yorker unterscheidet, wir haben das Menschsein gemeinsam. Und als Menschen suchen wir beide Glück und Erfüllung. Ich finde Erfüllung im Leben meiner Berufung als Benediktiner und in der Beziehung zum lebendigen Gott, andere suchen sie im Hetzen durch die Strassen New Yorks und im Wettbewerb um die höchsten Löhne und den ausgefallensten Lebensstil. Auch wenn die Wege verschieden sind, wir alle dürfen die Erfüllung unserer tiefsten Sehnsucht von Gott erhoffen.
fr. Philipp
 

25. November 2012 | 05:20
von Philip Steiner
Lesezeit: ca. 1 Min.
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