Markus Baumgartner

Älteste Ordensfrau feiert 117 Jahre und überlebt Corona

Sie ist seit 77 Jahren Nonne und die älteste katholische Ordensfrau der Welt: Soeur André Randon wurde gerade 117 Jahre alt und ist damit auch die älteste Europäerin. Sie lebt in einem Seniorenheim in Toulon am französischen Mittelmeer. Sie ist auch die älteste Person, die COVID-19 nachweislich überlebt hat. 

«Das alles ist ziemlich überwältigend», gibt die Bewohnerin des Seniorenheims Sainte-Catherine Labouré in Toulon zu, als sie  die Nachricht vom Personal erfahren hat. Schwester André ist zweifellos der Liebling der Residenz, schreibt die Zeitung «Le Parisien». Nach der Japanerin Kane Tanaka (118) ist Soeur André die zweitälteste Frau der Welt mit verbürgtem Alter. Auf der Liste der 20 ältesten Personen der Welt sind alles Frauen. 

Während der Pandemie wurde Schwester André positiv getestet, überlebte aber den Virus. Sie erklärte, dass sie nicht verängstigt war, da sie keine Angst vor dem Tod hat. Sie wurde von anderen Bewohnern isoliert, zeigte aber während drei Wochen keine Symptome. Dabei waren in ihrem Heim 81 von 88 Bewohner vom Coronavirus heimgesucht worden. Zehn Menschen starben. In einer Videobotschaft sagte sie: «Ich war sehr müde, habe aber nicht gemerkt, dass ich den Virus habe.» David Tavella, Sprecher des Altersheims Sainte Catherine Labouré, sagte: «Es geht ihr gut. Wir betrachten sie als geheilt. Sie ist sehr ruhig und freut sich an ihrem 117. Geburtstag», schreibt die Zeitung «Daily Mail».

Bewegtes Leben

Schwester André wurde 1904 im südfranzösischen Alès als Lucile Randon geboren. In dieser Zeit hat Schwester André drei französische Republiken erlebt, zehn Päpste und die deutsche Besatzung im 2. Weltkrieg. Mit zwölf Jahren begann sie als Haushälterin zu arbeiten, unter anderem bei der Autobauer-familie Peugeot. Während dem 2. Weltkrieg betreute sie Kinder. Später arbeitete sie mit Waisenkindern und älteren Menschen in einem Krankenhaus in Vichy.

Sie wuchs in einer protestantischen Familie auf. Ihr Grossvater väterlicherseits war Pfarrer. Sie liess sich 1923 mit 19 Jahren taufen und konvertierte als 27-jährige zum Katholizismus. 1944 trat sie im Alter von 40 Jahren in Paris als Novizin in den Orden der Vinzentinerinnen Saint-Vincent-de-Paul ein – den Schwestern der Gesellschaft der Töchter der Nächstenliebe. Den Namen André übernahm sie zu Ehren ihres verstorbenen Bruders. «Jetzt bewege ich mich nur noch im Rollstuhl und kann nicht mehr sehen. Mein tägliches Glück ist es, mich fortbewegen und beten zu können», bekennt sie.

Ehrenbürgerin der Stadt Toulon

Ihr Neffe kommt sie regelmässig besuchen, ebenso wie ein über 90-jähriger Mann, den sie im Alter von 25 Jahren bei ihrer Arbeit im Krankenhaus betreut hat. «Die Verbindung zwischen ihnen ist unzerstörbar», gesteht ein Mitglied der Einrichtung. «Schwester André ist immer noch sehr kokett… und ein Gourmet: Sie liebt Schokolade. Und um nichts in der Welt würde sie einen Gottesdienst versäumen.»

Die älteste Person Europas ist Ehrenbürgerin der Stadt Toulon: An ihrem 115. Geburtstag erhielt Schwester André den Titel von Bürgermeister Hubert Falco überreicht. Papst Franziskus schrieb ihr einen persönlichen Brief, begleitet von einem Geschenk: einem vom Heiligen Stuhl gesegneten Rosenkranz. Sie beklagt statt eigener körperlicher Beschwernisse vor allem, «dass die Menschen nicht in Eintracht leben können».

Bild Quelle famvin.org
15. Februar 2021 | 18:45
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 2 Min.
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