Markus Baumgartner

Wieso ein Manager radikal ausstieg

Markus Hauser (52) war einst gestresster Manager bei der weltgrössten Bewachungsfirma. Er führte als Leiter strategische Projekte 80 Angestellte, hatte einen guten Lohn und ein grosses Haus. Nun hat er sich für ein Leben im Glauben und in der Nächstenliebe entschieden. Heute führt er ein Leben, das ihn zufrieden macht. Er hat viel mehr Ruhe und Zeit. Er versucht nun das Richtige zu machen – und nicht mehr alles. Dazu lebt er als Bruder Markus in seinem eigenen Orden in Baden. 

Sein ganzer Besitz hat nun in einem Schrank Platz. Markus Hauser schränkt sich selbst ein. Vorher arbeitete er jahrzehntelang in der Security-Branche, war dabei auch erfolgreich. Er gründete selbst Firmen und war zuletzt in leitender Position mit gutem Verdienst tätig, berichtet «Radio LifeChannel» und das «Fenster zum Sonntag». Doch so richtig glücklich wurde er nicht. Seit langem schon beschäftigt sich Markus Hauser mit dem Mönchtum und eines Tages legte er völlig unerwartet seinem Chef die Kündigung auf den Tisch. «Ich war immer gestresst», sagt Markus Hauser. Und zählt Dinge auf, die viele Arbeitnehmer kennen: Das Hin und Her zwischen Arbeitsort und Bett. Die SMS spätnachts vom Chef mit Aufträgen für den nächsten Morgen. Die vielen Überstunden – manchmal bis 16 Stunden Arbeit pro Tag. Der Smalltalk mit Angestellten, der nicht wirklich interessiert.

Mittel zum Zweck: das Geld

In seiner Anstellung als Manager in einem grossen Schweizer Sicherheitsunternehmen waren Angestellte für ihn nur Mittel zum Zweck. «Genauso wie ich für meine Vorgesetzten Mittel zum Zweck war», berichtet Markus Hauser gegenüber dem Onlineportal «nau.ch».  Der Zweck würde immer das Geld sein, realisiert Hauser: «Alles drehte sich letzten Endes darum.» Und wenn das Geld nicht da war, dann herrschte Angst. Für Markus Hauser war es ein System, dem er sich nicht mehr unterordnen wollte. Er kündigte seine Führungsposition. Als er seinem Chef erklärte, dass er keinen neuen Job hat, keine besseren Lohnaussichten, verschlug es diesem die Sprache.

Hilfe für Randständige

Seither lebt er als Mönch fast ohne eigenen Besitz und fühlt sich endlich angekommen. Im Oktober 2019 begann er als Novize Bruder Markus im Evangelischen Orden Sola Gratia («Allein aus Gnade») in Baden. Als reformierter Ordensbruder lebt er in Gütergemeinschaft und im Gehorsam gegenüber den Ordensregeln. Er will besser für Gottes Sache verfügbar sein – jedoch ohne Zölibat. Nach seiner Kündigung engagierte er sich lange in der Notschlafstelle Baden, die Randständigen und Obdachlosen einen Platz bietet. «Zu meiner Zeit beim Sicherheitsunternehmen waren diese Menschen Unrat für mich. In meiner neuen Arbeit hatte ich plötzlich Kontakt zu ihnen. Ich merkte, wie falsch ich alle diese Jahre lag. Jeder hat seine Geschichte, seinen Rucksack zu tragen.»

Da sein für gestresste Manager

Die Arbeit im sozialen Bereich war nur eine Zwischenstation. Für Hauser war sie lehrreich, doch sie liess sich nicht mit einem bedingungslosen Glauben an Barmherzigkeit und Nächstenliebe verbinden. Da der Glaube für ihn einen hohen Stellenwert hatte, suchte er nach einer Gemeinschaft, der er sich als Mönch anschliessen konnte. Hauser gründete schliesslich seinen eigenen, evangelischen Orden. Dieser hat seinen Sitz mitten in Baden. Im alten, mehrstöckigen Haus hat es Schlafzimmer, eine Küche, ein kleines Oratorium. «2023 wird das Haus abgerissen», weiss Hauser, «bis dann brauchen wir einen neuen Ort.» Für diesen Ort hat Hauser eine Vision. «Es soll ein Zufluchtsort für Menschen in Lebenskrisen werden. Menschen, die einen Ort der Ruhe brauchen, wenn sie Sorgen haben oder sich plötzlich in neuen Umständen befinden.» Er startet den Tag mit Beten. Danach widmet er sich diversen sozialen Aufgaben. Er telefoniert, besucht Menschen, geht ins Gefängnis oder in die Klinik für Psychiatrie. «Ich lasse aber auch Freiraum für eigene Gedanken oder Ungeplantes», hält er fest. 

Nicht nur materielle Not

Bruder Markus sagt: «Ruhe, Friede, Zugehörigkeit – das finde ich im Glauben. Und fehlen diese Dinge nicht vielen Menschen heutzutage? Finden sie es bei der Arbeit, beim Pendeln, im Alltag? Oder bei einem Burn-out in der Klinik oder bei den Sozialwerken? Nein, dort gibt es das nicht.» Und er fährt fort: «Einfach ein Kirchenblatt zu verschicken – das reicht heute nicht mehr. Ich will die Menschen wieder erreichen. Viele haben heute nicht eine materielle Not. Sie gehen innerlich kaputt – es ist eine geistliche Not.» Diesen Menschen will Bruder Markus geistliche und seelische Unterstützung geben. 

Bild Screenshot SRF/Fenster zum Sonntag
28. Juni 2021 | 22:58
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!