Markus Baumgartner

Kirchenbänke für einmal im Mittelpunkt

Eine neue Perspektive oder eine Kunstaustellung der etwas anderen Art: In der reformierten Kirche in Sursee sind die Kunstwerke von 40 Kunstschaffenden unter den Kirchenbänken montiert. Auf die Idee kam der Luzerner Künstler Wetz auf einer Wanderung im Engadin.

«Kunst und Kirche haben sehr wohl etwas zu sagen», betont Pfarrer Ulrich Walther, der dem vierten Kunsthaus Sursee ein Jahr lang Gastrecht bietet. «Beide denken nicht nur in funktionalen, rationalen und auf Nützlichkeit bedachten Positionen. Sie durchbrechen Gewohnheiten, wie diese Ausstellung, und bieten einen Perspektivenwechsel.» Eine Perspektive, die im vorliegenden Falle – von unten – erst recht explizit himmelwärts zeigt, schreibt die «Luzerner Zeitung». 

Das Leben erneuern

Um die Werke zu sehen, müssen Interessierte die Kirche und deren Bänke von unten betrachten und so die total 120 Kunstwerke der 40 Kunstschaffenden erblicken. Auf die Idee dieser speziellen Art von Ausstellung kam Wetz auf einer Wanderung im Engadin, berichtet das Onlineportal Pilatustoday. Auf der Suche nach einem Edelweiss musste er sich hinlegen und zwischen Steine schauen, wo er die Blume schliesslich entdeckte. «Wie das Edelweiss auf der Alp muss das Gute auch mal gefunden werden», erläutert Wetz. Jetzt macht er es in der Kirche vor: Er liegt auf einem Brett mit Rädern und rollt durch die Kirche. «Es gibt einem eine neue Perspektive, wenn man sich an einem Ort hinlegt. Ich sehe die Fenster, die Kanzel von unten, das ist wunderschön», sagt Künstler Wetz und ergänzt: «Es geht nicht darum, die Kunst zu ändern. Es geht darum, das Leben zu erneuern. Das ist immer eine Haltungsfrage.» Die Ausstellung trägt den Namen «Blumen für Thomkins» und zeigt 40 Kunstwerke des Luzerner Künstlers André Thomkins.

Mehrere Dimensionen

Die Ausstellung ist also keine übliche Galerie an der Wand; es braucht eine gewisse Fitness. Ein Niederknien, eine Bewegung der Demut. Egal, was diese Schwelle des Kunstkonsums für Gefühle auslöst: So nah lässt sich ein Kunstwerk selten betrachten. Es ist die pure Intimität. Um die Werke zu sehen, schnappt sich der Besucher im Foyer ein Kissen, liegt mit dem Rücken darauf und robbt unter die Kirchenbank. Besonders agile Personen surfen, auf dem Kissen liegend, die ganze Länge der Bankreihen ab und entdecken so die einzelnen Werke. 

Künstler Wetz verknüpft mit seiner neusten und vierten Inkarnation des Kunsthauses Sursee mehrere Dimensionen: Eine künstlerische, eine körperliche, eine gemeinschaftliche und auch eine spirituelle. Die Kunst hielt schon 1966 im Gotteshaus Einzug, als André Thomkins die Kirchenfenster malte und mit seiner Vorderansicht eines VW-Käfers als Chorfenster mindestens so provokativ war wie diese Schau von unten. Jetzt wurden alle Thomkins-Fenster aufgefrischt und die ganze Kirche erscheint im neuen Glanz.

«Blumen für Thomkins» in der reformierten Kirche Sursee, Dägernsteinstrasse 3. Die Ausstellung ist für ein ganzes Jahr bis Mai 2021 geöffnet, jeweils von 8 bis 18 Uhr 

Bild Quelle Video pilatustoday.ch
31. Mai 2021 | 22:02
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 2 Min.
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